Der Heilige Geist an der Arbeit - Predigt über Johannes 16,4-15


4 Aber dies habe ich zu euch geredet, damit, wenn ihre Stunde kommen wird, ihr daran denkt, dass ich's euch gesagt habe. Zu Anfang aber habe ich es euch nicht gesagt, denn ich war bei euch.  5 Jetzt aber gehe ich hin zu dem, der mich gesandt hat; und niemand von euch fragt mich: Wo gehst du hin? 6 Doch weil ich das zu euch geredet habe, ist euer Herz voll Trauer.
7 Aber ich sage euch die Wahrheit: Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, will ich ihn zu euch senden. 8 Und wenn er kommt, wird er der Welt die Augen auftun über die Sünde und über die Gerechtigkeit und über das Gericht; 9 über die Sünde: dass sie nicht an mich glauben; 10 über die Gerechtigkeit: dass ich zum Vater gehe und ihr mich hinfort nicht seht; 11 über das Gericht: dass der Fürst dieser Welt gerichtet ist.
12 Ich habe euch noch viel zu sagen; aber ihr könnt es jetzt nicht ertragen. 13 Wenn aber jener, der Geist der Wahrheit, kommen wird, wird er euch in alle Wahrheit leiten. Denn er wird nicht aus sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er reden, und was zukünftig ist, wird er euch verkündigen. 14 Er wird mich verherrlichen; denn von dem Meinen wird er's nehmen und euch verkündigen. 15 Alles, was der Vater hat, das ist mein. Darum habe ich gesagt: Er wird's von dem Meinen nehmen und euch verkündigen.

Liebe Gemeinde,
wo das Evangelium von Jesus Christus wirksam bezeugt wird, da ist der Heilige Geist an der Arbeit. Man kann es auch umgekehrt sagen: Nur wo der Heilige Geist an der Arbeit ist, da können wir den Menschen Jesus Christus vor Augen malen, als Retter und Herr. So, dass selbst der größte Skeptiker überwunden wird, und sich voller Vertrauen Jesus zuwendet.

1. Der Heilige Geist überwindet Widerstand

Wir leben in einem Land, in dem - noch - das Evangelium frei verkündigt werden darf, und wo Christen sich ohne Gefahr versammeln können. Das ist nicht überall so. Wenn du nach Saudi-Arabien fliegst, solltest du vorsichtig sein, wenn du eine Bibel dabei hast. Es könnte Schwierigkeiten bei der Einreise geben. Wenn du als Christ in Nigeria lebst, kannst du zum Ziel für die islamistische Terrorgruppe "Boko Haram" werden. Die könnten deine Kirche niederbrennen und deine Tochter entführen. Überall auf der Welt werden Christen bedroht, unterdrückt, und man verbietet ihnen, die frohe Botschaft von Jesus Christus öffentlich zu bezeugen.
"Es kommt aber die Zeit, dass, wer euch tötet, meinen wird, er tue Gott einen Dienst damit. Und das werden sie darum tun, weil sie weder meinen Vater noch mich erkennen." (Johannes 16:2-3) So redet Jesus zu seinen Jüngern, direkt vor unserem Predigttext. Wo das Evangelium verkündigt wird, da gibt es Widerstand. Nicht immer geht es dabei um Leben und Tod. Aber auch bei uns kann ein Christ so einiges erleben. Da wird einer aus seiner Familie ausgegrenzt, weil er ihnen jetzt zu "radikal" geworden ist, mit seiner konsequenten Jesusnachfolge. Eine andere bekommt Schwierigkeiten auf der Arbeit, weil sie ihrem christlichen Gewissen folgt, und nicht alles mitmachen kann, was der Maximierung des Gewinns dient.
Und deshalb redet Jesus zu seinen Jüngern vom Heiligen Geist. Ohne den Heiligen Geist und seine Arbeit wären sie auf völlig verlorenem Posten. Jesus ist bald nicht mehr sichtbar für sie. Nach seiner Kreuzigung und Auferstehung geht er zurück zum Vater. Wir denken daran am Feiertag Christi Himmelfahrt. Voller Angst denken die Jünger an die Zeit, wenn er nicht mehr bei ihnen ist. Aber Jesus sagt ihnen: "Es ist gut für euch, dass ich weggehe. Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, will ich ihn zu euch senden." Wenn Jesus zurück zum Vater geht, dann kommt der Heilige Geist. Und macht sich an die Arbeit, gegen alle Widerstände.

2. Der Heilige Geist öffnet der Welt die Augen für das Evangelium

Was geschieht eigentlich, wenn wir das Evangelium verkündigen und die Menschen zu Jesus Christus einladen? Manche stellen sich das so vor: Weil viele nichts mehr über den christlichen Glauben wissen, müssen wir sie zuerst darüber informieren. Wer ist Jesus Christus, und warum ist er wichtig für mein Leben? Danach wäre es gut, die Menschen herauszufordern und sie zur Entscheidung für Jesus aufzurufen. Vielleicht nimmt man zur Unterstützung noch einen besonders begeisternden, feurigen Prediger. Also nicht so einen wie mich... Oder gefühlvolle Musik und eine stimmungsvolle Umgebung. Oder eine Wunderheilung, um auch den hartnäckigsten Atheisten zu überzeugen. Und dann, so hofft man, entscheidet sich ein Mensch für Jesus und nimmt ihn als Herrn und Heiland an.
Am Ende des Tages sind das alles gut gemeinte, aber sehr menschliche Bemühungen. Das Neue Testament zeichnet ein ganz anderes Bild. Man sollte nicht denken, dass das Evangelium so etwas wie eine religiöse Information ist. Paulus schreibt am Anfang des Römerbriefs über das Evangelium (Römer 1:16): "... es ist eine Kraft Gottes, die selig macht alle, die daran glauben." Im Originaltext steht für Kraft das Wort "Dynamis". Davon stammt unser Fremdwort "Dynamik" - kraftvolle Energie. Oder auch das Wort "Dynamit". Ja, das Evangelium von Jesus Christus ist nicht einfach eine religiöse Information. Vielmehr ist es eine Art "geistlicher Sprengstoff", hoch brisant, stark genug, um auch die härtesten Herzen aufzusprengen und für Jesus zu öffnen.
Warum ist das so? Weil der Heilige Geist an der Arbeit ist. Jesus sagt seinen Jüngern über den Heiligen Geist: "...wenn er kommt, wird er der Welt die Augen auftun." Das klingt für mich fast zu harmlos. Man könnte auch übersetzen: Er wird die Welt wirksam überzeugen. Er wird sie überführen. Krimifans können dabei an ein Polizeiverhör denken, wenn der Kommisar den Ganoven in die Ecke drängt, und ihn schließlich zum Geständnis zwingt. Nein, der Heilige Geist ist alles andere als harmlos. Wenn er an der Arbeit ist, dann kommt er zu einem Ergebnis. Nicht unbedingt zu dem Ergebnis, das wir Menschen gerne hätten, sondern immer zu dem Ergebnis, das er will.
Jesus zählt hier drei Punkte auf, von denen der Heilige Geist die Menschen überzeugt. Drei Punkte, die dazugehören, wenn das Evangelium verkündigt wird. Zuerst spricht er "über die Sünde: dass sie nicht an mich glauben." Wenn der Geist Gottes kommt. Bei einer echten Erweckung, wie manche diese Zeiten nennen. Da begegnen Menschen der Heiligkeit Gottes. Sie spüren den Zorn Gottes über ihre Sünde. Sie spüren ihn manchmal so sehr, dass sie die Last ihres Gewissens schier erdrückt. Das ist dann kein religiöser Komplex, und keine psychische Störung. Sondern es ist der Heilige Geist, der an der Arbeit ist.
Man sollte erwähnen, dass Jesus hier eine besondere Sünde im Auge hat: Die Sünde des Unglaubens. Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass ein Leben ohne Jesus, ohne Gott, so etwas wie eine weltanschauliche Option ist. Eine Wahl, die ein Mensch treffen kann, wenn er sich überlegt: Brauche ich Jesus für mein Leben, oder komme ich auch ganz gut ohne ihn aus. Jesus sagt hier: Die Wurzel aller Sünden ist die Sünde des Unglaubens. Das ist die Haltung des Menschen, der Jesus nicht vertraut und ihm nicht nachfolgt. Aber wenn der Heilige Geist kommt, und sich an einem solchen Menschen an die Arbeit macht. Dann erkennt dieser in seinem Gewissen: So kann es nicht weiter gehen. So kann ich nicht vor Gott bestehen.
Zum Zweiten wird der Heilige Geist die Welt überzeugen von der " ... Gerechtigkeit: dass ich zum Vater gehe und ihr mich hinfort nicht seht." Jesus spricht hier von seiner Himmelfahrt. "Aufgefahren in den Himmel, er sitzt zur Rechten Gottes, des allmächtigen Vaters", so sprechen wir im Glaubensbekenntnis. Ich denke, wir können die Erwähnung der Himmelfahrt beispielhaft sehen, und uns den Rest von Gottes rettendem Handeln dazu denken. Jesus ist für uns gekreuzigt, gestorben, am dritten Tage auferstanden von den Toten, und dann aufgefahren in den Himmel. Warum ist das alles geschehen? Es geschah, damit wir wir vor Gott gerecht werden. Paulus schreibt über Jesus (Römer 4:25), er ist "... um unsrer Sünden willen dahingegeben und um unsrer Rechtfertigung willen auferweckt. Alles was Jesus getan hat, geschah, damit wir nicht mehr unter dem Zorn Gottes stehen. Es geschah, damit Gott uns die Sünde des Unglaubens wegnehmen und uns vergeben kann. Begreifen kann man das nicht, mit dem normalen menschlichen Verstand. Es bleibt uns ein Rätsel. Bis der Heilige Geist kommt. Sich in unseren Herzen an die Arbeit macht. Und uns den Glauben an Jesus schenkt.
Das Dritte, das der Heilige Geist uns klar macht ist "... das Gericht: dass der Fürst dieser Welt gerichtet ist." Ich sehe das in erster Linie als Trostwort. Erinnern wir uns an den Anfang der Predigt: Wo das Evangelium verkündigt wird, da gibt es Widerstand. Überall in der Welt, wo Christen verfolgt und bedrängt werden. Wo sie in Not geraten. Da sollen sie wissen: Seit Jesus gekommen ist, ist die Zeit des Bösen abgelaufen. Der Teufel hat ausgespielt. Und all seine Anhänger, die jetzt noch Menschen quälen, unterdrücken, mit Krieg und Terror überziehen. Die werden einst von Gott, dem Richter der Welt, ihr gerechtes Urteil  empfangen.
Als Jesus zurück zum Vater gegangen ist, da hat er sich auf den Thron des Weltenherrschers gesetzt. Er hat immer noch alles in seiner Hand. Auch das gehört zum Evangelium, zur frohen Botschaft von Jesus Christus. Gerade dann, wenn wir die Nachrichten einschalten, und alles scheinbar ganz anders aussieht. Gegen Ende seines Lebens sagte der Theologe Karl Barth einmal, mit Blick auf all die Wirren in dieser Welt: "Nur nicht die Ohren hängen lassen. Es wird regiert." Wo wir das im Glauben ergreifen, da ist der Heilige Geist an der Arbeit. Denn auch das können wir mit dem Verstand nicht fassen.

3. Der Heilige Geist malt uns den gekreuzigten Christus vor Augen

Wir haben in der Passionszeit viel darüber nachgedacht, warum der gekreuzigte Christus die Mitte unseres Glaubens ist. Warum es nichts Wertvolleres gibt als sein Blut, das er für uns vergossen hat. Warum es das ist, worauf wir allein vertrauen sollen. Manchmal können Christen das vergessen, oder in den Hintergrund drängen. In seinem Brief an die Galater macht Paulus das deutlich. Dieser Brief ist sein schärfster Brief, und er wird zwischendurch fast zu einer Wutrede (aus Galater 3:1-5): "O ihr unverständigen Galater! Wer hat euch bezaubert, denen doch Jesus Christus vor die Augen gemalt war als der Gekreuzigte? Das allein will ich von euch erfahren: Habt ihr den Geist empfangen durch des Gesetzes Werke oder durch die Predigt vom Glauben? Seid ihr so unverständig? ... Der euch nun den Geist darreicht und tut solche Taten unter euch, tut er's durch des Gesetzes Werke oder durch die Predigt vom Glauben?"
Wo das Kreuz nicht mehr in der Mitte steht, da brauchen wir den Heiligen Geist. Jesus sagt über ihn: "... er wird nicht aus sich selber reden; sondern was er hören wird, das wird er reden ... . Er wird mich verherrlichen; denn von dem Meinen wird er's nehmen und euch verkündigen." Alles, was der Heilige Geist uns zu sagen hat, hat er aus der Hand Jesu empfangen. Und folgerichtig hat er bei allem, was er sagt, ein Lieblingsthema: Jesus, Jesus und nochmal Jesus. Jesus, der am Kreuz von Golgatha sein Blut für uns vergossen hat.
In manchen christlichen Gruppen und Gemeinden hat man in den letzten Jahren und Jahrzehnten das Thema "Heiliger Geist" neu entdeckt. Man redet viel von seinen Wirkungen, von seinen Gaben. Davon, wie er unserem Gemeindeleben neues Leben einhaucht. Gib mir mehr vom Geist, diesem himmlischen Energydrink. Dann wird er meinem Glauben Flügel verleihen. Und ich stelle mir vor, wie der Heilige Geist etwas ratlos daneben steht, und sich sagt: Warum reden diese Christen andauernd von mir? Das will ich doch gar nicht!  Und wäre der Heilige Geist ein Lehrer, würde er vielleicht mit einem Rotstift darunter schreiben: "Thema verfehlt!".
Der Heilige Geist ist, menschlich gesprochen, ein höchst bescheidenes Wesen. Er möchte nicht im Mittelpunkt stehen. Diskret zieht er sich zurück und überlässt die Bühne dem, der ihn gesandt hat: Jesus Christus. Sozusagen ein guter Butler, der seinem Herrn die Türe aufhält und dafür sorgt, dass dieser Herr zu Geltung und Ehren kommt. "Er wird mich verherrlichen", so sagt Jesus über den Heiligen Geist. Mich, nicht sich selbst. Und so kann man daraus den Schluß ziehen: Wo Jesus, der Gekreuzigte, in den Mittelpunkt gestellt wird. Da wissen wir: Hier ist der Heilige Geist an der Arbeit. Und umgekehrt: Wenn wir wollen, dass der Heilige Geist sich in unserer Gemeinde, in unserem Leben, an die Arbeit macht. Dann lasst uns das Evangelium von Jesus Christus verkündigen. Der sein Blut für uns vergossen hat. Mit dem Kreuz Christi kommt der Geist. Und dann überwindet er alle Widerstände. Er gibt der Gemeinde Kraft, wenn ihr der Wind entgegenbläst. Er lässt die Menschen das Evangelium verstehen, dass sie ihre Herzen für Jesus öffnen. Komm, Heiliger Geist. Mach dich an die Arbeit, und öffne uns die Augen für Jesus, unseren Retter und Herrn. Amen.

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