Ich bin Gottes Eigentum, oder: gute Gründe für einen gehorsamen Lebensstil

Predigt über 5. Mose 7,6-11

6 Denn du bist ein heiliges Volk dem HERRN, deinem Gott. Dich hat der HERR, dein Gott, erwählt zum Volk des Eigentums aus allen Völkern, die auf Erden sind. 7 Nicht hat euch der HERR angenommen und euch erwählt, weil ihr größer wäret als alle Völker - denn du bist das kleinste unter allen Völkern -, 8 sondern weil er euch geliebt hat und damit er seinen Eid hielte, den er euren Vätern geschworen hat. Darum hat er euch herausgeführt mit mächtiger Hand und hat dich erlöst von der Knechtschaft, aus der Hand des Pharao, des Königs von Ägypten. 9 So sollst du nun wissen, daß der HERR, dein Gott, allein Gott ist, der treue Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit bis ins tausendste Glied hält denen, die ihn lieben und seine Gebote halten, 10 und vergilt ins Angesicht denen, die ihn hassen, und bringt sie um und säumt nicht, zu vergelten ins Angesicht denen, die ihn hassen. 11 So halte nun die Gebote und Gesetze und Rechte, die ich dir heute gebiete, daß du danach tust.

Liebe Geschwister,
es gibt viele gute Gründe, unserem Herrn zu - gehorchen. Viele gute Gründe - vielmehr Gründe als der vielzitierte "erhobene  Zeigefinger, oder gar die Drohung: Wenn du das nicht tust, dann wird Gott.... Und indem wir das verstehen - verstehen wir auch, was eines der traditionellen methodistischen Anliegen bedeutet. Nämlich die ebenfalls vielzitierte "Heiligung".

1. Ungefragt zur Gemeinschaft bestimmt, oder: "Heiligung"

Du bist ein heiliges Volk dem Herrn, deinem Gott. Das ist vielleicht die erste Überraschung. Immer wieder hört man die Aufforderung: Legt eure alten Gewohnheiten ab! Gebt euch ganz Gott hin! Oder kurz: Lebt in der Heiligung! Wenn - nur - so von der Heiligung gesprochen wird. Da möchte man manchmal rufen: Halt, langsam, nicht so hastig! Du hast ganz den Anfang vergessen. Und der Anfang heißt hier: Du bist ein heiliges Volk.  Nicht: werde ein heiliges Volk. Wir dürfen dieses Wort an Israel ruhig auf uns Christen übertragen: Ihr seid geheiligt.
Ja, es wird sogar noch überraschender, ungewöhnlicher, wenn wir den Text hier recht verstehen. Ob uns das gefällt oder nicht. Heiligung heißt zuerst: Gott trifft aus der Unzahl der Völker und der Menschen eine Auswahl.  Und zu dieser Auswahl sagt er: Ihr gehört jetzt mir. "Dich, hat der Herr, dein Gott, erwählt." Nein, er fragt die Betreffenden vorher nicht, ob sie damit "gnädigerweise" auch einverstanden sind. Oder ob sie es vorziehen, lieber ohne Gott zu leben. Sondern er kommt einfach auf mich zu, wie auf den Fischer Petrus. Und sagt: Laß deine Netze liegen, du kommst jetzt mit mir mit. Folge mir nach. Du bist jetzt "geheiligt", ausgesondert aus der Menge deiner Landsleute.
Eines der besten Beispiele dafür ist sicher der Apostel Paulus: Er wollte Jesus nicht. Er bekämpfte Jesus. Bis sein Tag gekommen war. Und Jesus ihm sagen ließ: Du bist mein auserwähltes Werkzeug. Da mußte Paulus all seinen Widerstand gegen Jesus fahren lassen. Und mitkommen. Und der ehemalige Verfolger des Evangeliums beschrieb seine Erfahrung später so: Ich muß das Evangelium verkündigen. Es liegt ein göttlicher Zwang, eine Bestimmung auf mir (1. Korinther 9:16). Er schrieb das nicht, weil er eine "zwanghafte Persönlichkeit" hatte. Sondern weil er wußte, wer ihn da erwählt, gerufen und geheiligt hatte.
Wir könnten jetzt viel darüber philosophieren und diskutieren. Warum Gott sich eine ganz bestimmte Auswahl aus der Menschheit ruft. Ob das nicht gegen meine "Menschenwürde" verstößt, daß er mich ungefragt in die Gemeinschaft mit Jesus ruft. Ob das alles gerecht ist. Usw. usw. Ob das allzuviel bringt - das bezweifle ich sehr. Überlassen wir diese komplizierten Fragen lieber unserem Herrn, da sind sie in besten Händen. Fragen wir lieber: Was bedeutet das für mich persönlich?
Damit wären wir wieder bei der Frage nach dem Gehorsam gegen unseren Herrn. Denn wenn das so ist: daß ich als Christ, als gläubiger Mensch. In die Gemeinschaft mit Jesus gestellt bin. Dann kann dieser Gemeinschaft mit Jesus nur ein "Lebensstil" entsprechen: Der Gehorsam gegen meinen Herrn, in allen Bereichen meines Lebens. Alles andere wäre "absurd", unlogisch. Das muß einfach so sein.
Du bist ein Christ und glaubst das nicht so recht? Da möchte man ganz frech sagen: Versuche es doch einmal anders! Lebe gegen seinen Willen. Widerstehe seinen Geboten. Wenn du ein Christ bist. Dann wirst du es merken, früher oder später: Er, dein Herr, er wird dir keine Ruhe lassen. Denn du gehörst ihm, du bist "geheiligt". Wenn es sein muß: dann wird er dich bis in deine Träume verfolgen und dir den Schlaf rauben. Er wird dir deine Freude nehmen und noch manches Andere. Und: Er wird dich bei all dem niemals fallen lassen. Sondern er wird dich soweit bringen, daß du wieder mit Paulus sagen kannst: Ich muß ihm gehorchen. Ich muß der Gemeinschaft mit ihm entsprechen. Es geht gar nicht anders. Israel, das hier in diesem Abschnitt vor der Anpassung gewarnt wird. Vor der Anpassung an heidnischen Lebenstil mit seinem Götzendienst. Sie haben in ihrer Geschichte als Volk genau das erfahren, als Gott ihnen so "nachgegangen" ist.
Und dann? Schließlich wirst du merken, daß hinter dieser Erfahrung dein liebender Vater im Himmel steht. Der den verlorenen Sohn in die Arme schließt, wenn er wieder nach Hause kommt. Das, liebe Geschwister, bedeutet "erwählt" zu sein. Das bedeutet es, wenn er mich "geheiligt" hat, ausgesondert zur Gemeinschaft mit Jesus - ohne mich vorher zu fragen. Geheiligt sein - ein wirklich guter Grund zum Gehorsam!

2. Kostbar für Gott: Wirf dich nicht weg!

Ihr seid ein Volk des "Eigentums", so wird Israel hier genannt. Das Wort, das hier im Originaltext steht, ist sehr viel reicher und wunderbarer. Anderswo sind mit diesem "Eigentum" große Schätze von Silber und Gold gemeint. Ihr seid für Gott so wertvoll, ja noch wertvoller als alle Schätze dieser Welt! So sagt Gott hier seinem Volk. Und was gab es damals schon für ungeheure Schatzkammern, in den Königspalästen, vor tausenden von Jahren. Wertvoller als die beste Schatzkammer. So wertvoll sind wir. Wir Christen - für unseren Herrn Jesus Christus.
Im Geschäftsleben bestimmt man den Wert einer Ware ja gewöhnlich über den Preis. Wenn alles mit rechten Dingen zugeht. Dann ist etwas umso wertvoller. Je mehr man dafür bezahlen muß. Hier ist es an der Zeit, über das Gleichnis vom Kaufmann und der wertvollen Perle nachzudenken. Jesus erzählt dieses Gleichnis (Matthäus 13,45-46), um uns etwas über das Wesen der Herrschaft Gottes zu sagen. Ein "völlig verrückter" Geschäftsmann, der sein ganzes Kapital einsetzt, nur um eine einzige besondere Perle zu erwerben - nach der er vielleicht schon jahrelang geforscht hatte. Nun könnte man dieses Gleichnis leicht so verstehen: Christsein. Rechte Teilhabe am Reich Gottes. Das bedeutet, daß ich für Jesus auch mein "letztes Hemd" hingeben will, daß ich mich ihm ganz und gar weihe und mich ihm verschenke.
Ich frage mich nur, ob man dabei nicht "Kaufmann" und "Ware" verwechselt. Wenn man einmal von unserem Predigttext und anderen ähnlichen Stellen aus denkt. Dann ist es genau umgekehrt: Die Christen, das Volk Gottes. Die sind für Christus so wertvoll. Daß der für sie das Beste überhaupt, den höchsten Kaufpreis hergibt: sein eigenes Leben. Das Blut, das er auf Golgatha vergossen hat. So herum wird ein "rechtes Geschäft" daraus.
"Erlöst" hat er schon damals Israel aus der ägyptischen Sklaverei. Und die Hebräer hörten in ihrer Sprache bei dem Wort "erlöst" mit: "losgekauft" hat er uns vom Pharao - wir hören das gar nicht mehr in unserer Übersetzung. Der Apostel Petrus drückt das dann für uns Christen so aus (1. Petrus 1): "18 denn ihr wißt, daß ihr nicht mit vergänglichem Silber oder Gold erlöst seid von eurem nichtigen Wandel nach der Väter Weise, 19 sondern mit dem teuren Blut Christi als eines unschuldigen und unbefleckten Lammes." Ein unermeßlich hoher Kaufpreis! So wertvoll sind wir Christen für unseren Herrn, "nicht......., weil ihr größer wäret als alle Völker .... sondern weil er euch geliebt hat."
Nun - jedermann weiß, daß man mit wertvollen Sachen sorgsam umgehen sollte. Man nimmt keinen schicken Porsche, um damit einen Misthaufen wegzukarren. Man nimmt nicht das Tafelsilber, um damit in der Hobbywerkstatt zu arbeiten. Man würde die schönen Sachen sonst ruinieren. Und wenn das einer sehen würde. Der würde sagen: Bist du verrückt geworden, weißt du nicht, was das gekostet hat?
Ein Christ ist viel zu wertvoll - als daß er sich durch Ungehorsam und Sünde ruinieren sollte. Es paßt einfach nicht. Und so kann man die vielen Anweisungen zum christlichen Leben auch einmal so sehen: Achtung, wertvolle Sache! Vorsicht beim Gebrauch! Sorgfältig die Bedienungsanleitung lesen, damit nichts beschädigt wird! Es wäre schade drum, schade um jeden Christen - bei dem, was so ein Christ seinen Herrn "gekostet" hat.

3. Belohnung und Strafe

Ja, liebe Geschwister, wir haben richtig gehört. Beides gibt es bei unserem Herrn. Und es kann ein wichtiger Antrieb sein. Ein Antrieb dazu, daß wir ihm gehorchen. Es ist nur schade, daß dieser Gedanke bei uns Evangelischen - manchmal - etwas anrüchig geworden ist. Lohn und Strafe - das klingt so wie "Zuckerbrot und Peitsche", wie die Schulmeister aus dem vorletzten Jahrhundert. Über diese Art von Glauben sind wir doch - Gott sei es gedankt? - hinweg, oder? Schließlich wissen wir als Evangelische, daß wir einzig und allein von der Gnade leben, und das Heil - das gibt es nur umsonst, eben aus Gnaden.
Wohl wahr - und ich möchte auch niemandem - "durch die Hintertür" kommend - ich möchte niemandem einreden, wir könnten unser Heil auch nur zu einem Prozent "verdienen". Etwa indem wir Gott gegenüber besonders entgegenkommend, "hingegeben" und "geheiligt" sind. Man kann aber - mit der Bibel im Einklang - trotzdem von Lohn und Strafe reden, auch für uns Christen.
Machen wir uns die Sache nur nicht zu kompliziert. Viele Christen können nämlich genau das bezeugen: Da habe ich in einer bestimmten Sache lange gekämpft. Ich wollte schon aufgeben. Ich wollte schon anfangen, es genau so zu machen wie alle Welt. Aber dann - dann habe ich es einfach nicht über's Herz gebracht. Und ich habe gehorcht - trotz allem. Und nachdem ich lange, lange gewartet habe. Und dachte: Ob Gott das überhaupt noch interessiert? Da habe ich auf einmal gemerkt: Jetzt, jetzt hat er mich gesegnet. Jetzt hat er mir Gutes getan - genau deswegen. Genau an dieser schwierigen Stelle. Er, "der treue Gott, der den Bund und die Barmherzigkeit hält denen, die ihn lieben und seine Gebote halten." Ja, es hat sich "gelohnt".
Viele Christen haben so etwas schon erlebt, in den verschiedensten Lebenslagen. Und können Gottes Barmherzigkeit bezeugen. Was wäre daran anrüchig? Ja, es "lohnt" sich in der Tat, gehorsam zu sein. Nicht, weil wir Gott damit bestechen könnten. Sondern weil er so barmherzig ist. Und weil er uns Mut machen will, im Gehorsam zu bleiben - gerade dann, wenn es schwierig wird.
Erst von dieser Barmherzigkeit her. Und die ist hier nicht umsonst zuerst genannt! Erst von daher verstehen wir auch die Kehrseite. Gott "vergilt ins Angesicht denen, die ihn hassen..." Gottes Barmherzigkeit - das ist eine zutiefst bewegende, herzergreifende Sache. Gottes Barmherzigkeit - die zeigt, wie ernst es Jesus mit mir ist. Gottes Barmherzigkeit - heißt überhaupt nicht, daß Gott willenlos wäre, oder ein Schwächling. Gottes Barmherzigkeit - heißt überhaupt nicht, daß ihm einfach "alles egal" ist, und er irgendwo über den Wolken thront,  mit einem milden Lächeln den Dingen ihren Lauf läßt.
Diese Barmherzigkeit - ist eine höchst "engagierte" Barmherzigkeit. Die auf meine Antwort wartet. Auf mein Hören. Auf meinen Ge-horsam. Eine Barmherzigkeit, die sich nicht tatenlos ins Gesicht schlagen läßt.
Ja, aber: wer wollte so etwas schon tun? Leider gibt es das - viel zu oft. Und deshalb sollen wir wissen, daß Gott sich das als eine letzte Möglichkeit offen läßt. Und er "vergilt ins Angesicht denen, die ihn hassen". Denen, die immer und immer wieder. Nicht auf die "Lockrufe" seiner Liebe hören wollen. Auch in seiner Liebe - er ist kein himmlischer "Kasper", der für mich nach meinem Belieben tanzt. Sondern er ist immer noch der Herr der Welt. Das sollen wir wissen.
Aber, und das sollen wir bedenken. Das zu wissen. Das sollte eigentlich der allerletzte Grund sein, ihm zu gehorchen. Denken wir viel eher an seine Barmherzigkeit, an den "Lohn". Denken wir daran, daß wir sein Eigentum sind, "geheiligt mit Haut und Haaren". Denken wir daran, daß wir Christen für Jesus kostbarer und teurer sind als alle Schätze dieser Welt.  Und hören wir deshalb auf sein Wort. Denn "dich hat der Herr, dein Gott, erwählt zum Volk des Eigentums aus allen Völkern, die auf Erden sind." Amen.

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