Nicht mehr Knecht, sondern Kind - denn Jesus macht uns frei -
Weihnachtspredigt über Galater 4,4-7
4 Als aber die Zeit erfüllt war,
sandte Gott seinen Sohn, geboren von
einer Frau und unter das Gesetz getan, 5 damit er die, die unter dem
Gesetz waren, erlöste, damit wir die Kindschaft empfingen. 6 Weil
ihr
nun Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsre
Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater! 7 So bist du nun nicht mehr
Knecht, sondern Kind; wenn aber Kind, dann auch Erbe durch Gott.
Liebe Geschwister,
Jesus ist in unsere Welt gekommen - und
macht uns frei, endlich. Jesus ist in unsere Welt gekommen und macht
uns zu frohen, gewissen Kindern Gottes.
"Als die Zeit erfüllt war..."
so schreibt Paulus kurz und knapp. Dabei kann man sich kaum klar
machen, wie viele Sehnsüchte hinter diesen Worten steckten,
damals,
als sie geschrieben wurden. Wie viele in Israel, im Volk Gottes,
sehnten sich schon lange nach Befreiung. Dann kam Jesus - und endlich
war sie da, die Befreiung.
Sie kam anders, als manche dachten.
Denn es war nicht die politische Befreiung von der
Römerherrschaft,
unter der sie in Israel zu leiden hatten. Nein - Jesus hatte immer
wieder unmissverständlich gesagt: Ich bin kein Revolutionär,
und
ich bin auch nicht gekommen, um die politischen Verhältnisse zu
ändern. Jesus meinte zuerst eine ganz persönliche Befreiung,
eine
Befreiung des einzelnen Menschen. Befreiung von allerlei Nöten,
Bindungen, und vor allem - Befreiung von Schuld. Zwei Arten von
Menschen möchte ich heraus greifen, mit denen Jesus immer wieder
zu
tun hatte. Zwei Arten von Menschen, die er frei gemacht hat.
1. Befreiung für die Schuldbeladenen
Da waren zunächst die Belasteten, wir
würden vielleicht heute sagen: die "Heruntergekommenen".
Israel, das Volk Gottes hatte zwar seine Bibel - unser heutiges Altes
Testament. Und doch hatten sich viele, viele von Gottes Wort
entfernt. Denken wir etwa an die Sünderin (Lukas 7:36ff), eine
stadtbekannte, verrufene Person, die sich zu Jesus drängt, mitten
in
eine Tischgesellschaft. Sie überschüttet Jesus mit ihrer
Zuneigung,
salbt ihn, weint, glaubt ihm. Und er sagt ihr: Dir sind deine
Sünden
vergeben. Gehe hin in Frieden. Wie satt muss sie ihr bisheriges Leben
gehabt haben - ob sie sich manchmal vor sich selbst geekelt hat?
Oder denken wir an den Zöllner Zachäus
(Lukas 19:1ff). Der war zwar streng genommen nicht heruntergekommen,
sondern er war reich. Aber er war auch ein großer Gauner, der
seinen
Reichtum nicht rechtmäßig erworben hatte. Er sucht einen
Neufang
für sein Leben, und er sucht dazu die Begegnung mit Jesus. Bei ihm
findet er Hilfe. Und so heißt es dort (Lukas 19:9-10) "Jesus
aber sprach zu ihm: Heute ist diesem Hause Heil widerfahren, denn
auch er ist Abrahams Sohn. Denn der Menschensohn ist gekommen, zu
suchen und selig zu machen, was verloren ist."
Es gab viele solche belasteten,
verstrickten Menschen damals - und sie können gar nicht schnell
genug zu Jesus kommen. Wie lange sie sich wohl schon nach Befreiung
gesehnt haben? "Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott
seinen Sohn..." Jesus kommt in unsere Welt - und endlich gibt es
Befreiung!
Ich denke, es gibt auch heute noch
solche Menschen. Vielleicht sind sie nach außen hin "ganz
cool", wie man so sagt, und mit allen Wassern gewaschen. Und
sehnen sich doch im Inneren nach einem anderen Leben. Es mag lange
Zeit Spaß machen, ganz ohne Gott und ohne seine Gebote zu leben.
Ich
tue, was ich will, und keiner soll mir hereinreden! Bis so mancher
seine Erfahrungen macht. An Dingen scheitert. Und merkt, wie hohl,
wie leer, und wie verdorben sein Leben geworden ist. Und er sagt
sich: Ich möchte so gern etwas ändern - aber ich kann nicht
aus
meiner Haut heraus! Wenn es dich gibt, Gott, dann tu´ doch etwas!
Als aber die Zeit erfüllt war, sandte
Gott seinen Sohn..." Gott hat etwas getan. Jesus ist gekommen -
besonders für die "Zöllner und Sünder". Für diese
Beladenen, die Gott um Hilfe bitten. Die brauchen nicht mehr zu
warten. Denn Jesus ist auch heute nicht weiter entfernt. Nicht weiter
entfernt als ein Gebet. Endlich gibt es Befreiung! Ich kann heraus
aus meiner Haut. Ich kann frei werden von meiner Schuld.
Wie hat Jesus das gemacht, diese
Befreiung? An dieser Stelle sehen wir, wie die Geburt Jesu, wie
Weihnachten immer über sich selbst hinausweist. In die Zeit, als
Jesus kein Kind in der Krippe mehr ist. Sondern ein erwachsener Mann,
der sich bereit macht für seinen letzten Weg. Hier steht: Jesus
kam,
damit er uns "erlöste". Paulus meint damit, was das Ziel
war, als Jesus in diese Welt kam. Das Kind in der Krippe war von
Geburt an dazu bestimmt, sein Leben für uns zu geben. Deshalb
spricht Paulus hier an, was Jesus für uns am Kreuz getan hat. In
diesem Wort, "erlösen", da hörte man im Originaltext
einen besonderen Klang mit. Und man dachte z.B. an einen Gefangenen,
der in seiner Zelle schmachtet, ohne Hoffnung. Er würde gerne
heraus, aber die Mauern sind dick, und die Tür ist verschlossen.
Und
dann kommt einer mit dem Schlüssel, öffnet die Tür und
sagt: Heute
ist ein besonderer Tag. Man hat dich begnadigt, du wirst heute in die
Freiheit entlassen, du kannst gehen. Und der Gefangene weiß vor
Erstaunen und vor Freude nicht, was er sagen soll.
Jesus ist gekommen, um uns am Kreuz
gleichsam aus einem Gefängnis zu befreien. Aus diesen Mauern, die
um
unser Leben herum sind. Diese Mauern, die die Bibel "Sünde"
nennt, und die uns knechten und einsperren, so dass wir nicht mehr
"heraus können aus unserer Haut", aus unserem
eingefahrenen Leben. Er hat uns frei gemacht! Glaubst du ihm das?
2. Befreiung für die Selbstgerechten
Jesus ist aber auch für eine andere
Art von Belasteten gekommen. Und die haben es ihm immer besonders
schwer gemacht. Das waren nicht etwa die, die noch mehr
heruntergekommen waren als die "Zöllner und Sünder".
Sondern das waren die - "ganz Frommen". Zur Zeit Jesu waren
das besonders die Pharisäer. Berühmtestes Beispiel ist der
Apostel
Paulus, der früher Saulus hieß. Genau der, der später
dann unseren
heutigen Predigttext geschrieben hat. Bis in die kleinste Einzelheit
bemühte er sich, Gottes Gebote einzuhalten. Wie eine große
Last lag
Gottes Gesetz auf ihm, aber er mühte sich redlich. Er wusste von
Jesus, und er hielt ihn für gefährlich. Er verfolgte seine
Anhänger. Bis Jesus ihm die Augen öffnete, "damit er die, die
unter dem Gesetz waren, erlöste..."
Für Paulus war diese Erfahrung so
überwältigend. Dass er seine früheren religiösen
Einstellungen
für wertlos hielt. In seinem Philipperbrief beschreibt er es
einmal
besonders drastisch: "Ja, ich erachte es noch alles für Schaden
gegenüber der überschwänglichen Erkenntnis Christi Jesu,
meines
Herrn. Um seinetwillen ist mir das alles ein Schaden geworden, und
ich erachte es für Dreck, damit ich Christus gewinne."
(Philipper 3:8) Seit Jesus ihn freigemacht hatte. Seit er wusste,
dass nicht seine religiösen Bemühungen ihn zu Gott bringen.
Sondern
das Opfer von Jesus, sein Opfer am Kreuz. Seitdem war er befreit,
befreit von all dem "frommen Druck". Seitdem hielt er
Gottes Gebote. Aber aus Überzeugung. Und nicht, um Gott mit seiner
Frömmigkeit zu beeindrucken.
Religiöse, "fromme" Menschen
in diesem Sinne - die haben es oft besonders schwer. Und manchmal
befürchte ich, es gibt mehr davon, als wir denken. Oft wollen sie
gar nicht frei werden! Sie seufzen unter der Last ihres so genannten
"Glaubens" und machen trotzdem so weiter. Immer weiter in
der Mühle, immer wieder bemüht - und trotzdem bleibt das Herz
leer,
und von der frohen Gewissheit der Kinder Gottes ahnen sie nur von
ferne.
Manchmal braucht es da auch eine
besondere Erfahrung. Vielleicht, dass Gott einen so ans Ende
führt,
dass man es einsieht: Meine religiösen Bemühungen sind
tatsächlich
sinnlos - ich komme und komme Gott einfach nicht näher, ich kann
tun, was ich will. Vielleicht aber auch so wie bei Paulus: Jesus
überwältigt mich einfach. Und er sagt mir: Ab heute ist
Schluss mit
deiner selbst gemachten "Religion"! Ab heute stehst du
nicht mehr unter ihrer "Knute". Sondern ab heute gehörst
du mir.
Jesus ist in die Welt gekommen, um uns
zu befreien. Das ist die frohe Weihnachtsbotschaft für die
belasteten Sünder, die aus ihrem "Gefängnis" heraus
wollen. Aber es ist auch die frohe Weihnachtsbotschaft für die
"ganz
Frommen". Für die Selbstgerechten, die unter dem Gesetz
seufzen, die sich mit ihrer selbstgemachten Religion abplagen...
"damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste, damit wir
die Kindschaft empfingen."
Und auch hier verwendet Paulus wieder
ein Bild, um zu erklären, wie Jesus das geschafft hat. Es ist kein
ganz einfaches Bild, und wenn wir etwas Mühe haben, zu folgen,
dann
können wir uns trösten - denn wir sind nicht die Ersten,
denen es
so ergeht. Schon Petrus schrieb über seinen "Apostelkollegen"
Paulus und seine Briefe, "in denen einige Dinge schwer zu
verstehen sind" (2. Petrus 3:16). Weil es aber um eine wichtige,
ja geradezu - geistlich gesehen - lebenswichtige Sache geht, will ich
versuchen, es zu erklären. Damit wir diese Freiheit noch besser
verstehen.
Wir beginnen mit einer ungewöhnlichen
Frage: Was machte Jesus eigentlich, bevor er zu uns auf die Erde kam?
Jesus, der Sohn Gottes - ihm ging vorher gut, er war in der Ewigkeit
bei seinem Vater, schon immer. Die "andere
Weihnachtsgeschichte", der bekannte Abschnitt aus Johannes 1,
erinnert uns daran: "Im Anfang war das Wort, und das Wort war
bei Gott, und Gott war das Wort. 2 Dasselbe war im Anfang bei Gott. 3
Alle Dinge sind durch dasselbe gemacht, und ohne dasselbe ist nichts
gemacht, was gemacht ist." Jesus, das ewige, lebendige Wort
Gottes. Er hätte für immer in der Ewigkeit bleiben
können. Warum
weggehen von einem so herrlichen Ort? Aber er kam aus seiner
Herrlichkeit, damit er "einer von uns würde", "geboren
von einer Frau", wie es hier heißt. Geboren in einer Krippe,
wuchs er auf, wurde ein Mann. Er lebte ganz und gar freiwillig unter
uns, und das zu den gleichen Bedingungen, wie jeder andere Mensch.
Zu einer besseren Erklärung möchte
ich kurz abschweifen. Vielleicht haben einige von euch in ihrem
Lebenslauf schon so eine "richtig offizielle" Prüfung
mitgemacht. Z.B. die Abschlussprüfung an einer Fachschule oder
Universität. Kennt ihr das: Die Spannung steigt, man will mit den
Aufgaben beginnen. Aber zuerst kommt einer, und will deinen
Personalausweis sehen, damit du an dieser Prüfung teilnehmen
darfst.
Warum den Personalausweis? Weil es zu allen Zeiten ganz besonders
"Clevere" gab, die zwar nicht viel verstanden und nicht
viel gelernt hatten. Aber die dafür einen guten Kumpel oder eine
Freundin hatten, die nicht dumm waren. Und die hatten dann den Mut -
oder besser die Frechheit - , sich anstelle des Freundes mit dem
leeren Kopf selbst in die Prüfung zu setzen und eine gute Note zu
holen. Am einfachsten war das natürlich, wenn der Vertreter auch
noch so aussah wie sein Freund...
Was im Examen illegal ist, kann
allerdings auf andere Weise. In einem geistlichen Zusammenhang. Kann
dort in jeder Weise zu unserem Besten dienen. Bedenken wir: Als Jesus
in die Welt kam. Da hatte er nicht nur menschliche Bedürfnisse wie
wir. Konnte Hunger und Durst verspüren, Freude und Schmerz.
Sondern
er stellte sich sogar unter die Gebote Gottes, die Gott uns Menschen
gegeben hatte - "getan unter das Gesetz", wie Paulus es
ausdrückt. Der Sohn Gottes - er wollte ganz und gar zu den
gleichen
Bedingungen leben wie wir Menschen. Und dazu gehörte es auch, dass
er sich den Ansprüchen Gottes, den Ansprüchen seiner Gebote
aussetzte.
Warum tat er das? Jesus wusste, dass er
selbst jede "Prüfung" vor dem Angesicht Gottes bestehen
würde. Denn er selbst war schon immer "ohne Fehl und Tadel",
auch als Mensch. Aber er wusste auch, dass wir, die sündigen
Menschen, die Gebote und Anforderungen Gottes niemals erfüllen
könnten. Er wusste, dass wir in der letzten großen
Prüfung unseres
Lebens. An dem Tag, wenn wir im Jüngsten Gericht vor unseren
Schöpfer treten. Dass wir da ganz sicher "durchfallen"
würden. Jesus wusste auch, was auf den sündigen Menschen
wartet,
der die Anforderungen von Gottes Gesetz nicht erfüllt: Der Zorn
Gottes, der drohend über den ungehorsamen Menschen hängt -
das war
es, was das Gesetz Gottes ankündigte. Ausgeschlossen wird er aus
der
himmlischen Herrlichkeit - für immer. Vor unserem Predigttext, im
dritten Kapitel des Galaterbriefes, zitiert Paulus dazu ein Bibelwort
(Galater 3:10): "Denn die aus den Werken des Gesetzes leben, die
sind unter dem Fluch. Denn es steht geschrieben: »Verflucht sei
jeder, der nicht bleibt bei alledem, was geschrieben steht in dem
Buch des Gesetzes, daß er's tue!«
Aber was tut Jesus - "getan unter
das Gesetz"? Er sagt: Meine Menschen können es nicht tun. Aber
ich liebe sie, und sie tun mir leid. Deshalb will es für sie tun.
Also gehorcht er den Geboten Gottes, als Mensch, bis in die
kleinsten Einzelheiten, tadellos und ohne Fehler. Er, der
Menschgewordene. Er erfüllt die Gebote an unserer Stelle.
Vollkommen. An jedem Tag seines Lebens. Denn er war als einziger
Mensch "ohne Sünde" (Hebräer 4:15) Und was tut er am
Schluss? Er erfüllt nicht nur das Gesetz. Sondern er nimmt sogar
die
Strafe auf sich, die das Gesetz Gottes ankündigt für den
Ungehorsam. Diesen Ungehorsam, mit dem die Menschheit sich gegen
ihren Schöpfer erhoben hat. So entlädt sich der Zorn Gottes
über
ihm, und er trägt die Strafe des Gesetzes am Kreuz - an unserer
Stelle.
Versteht ihr? "Getan unter das
Gesetz" - tut Jesus das, was eigentlich wir tun müssten. "Getan
unter das Gesetz" - erleidet Jesus die Strafe, die eigentlich
wir erleiden müssten. Der Weg zum himmlischen Vater ist frei!
Damit
sind alle religiösen Bemühungen, alle verkrampften Versuche,
sich
einen Weg zu Gott zu bahnen. Alle Versuche, sich selbst zu bestrafen,
sich zu kasteien, zu büßen, für seine Schuld. All die
Anstrengungen, sich einer der großen oder kleinen Weltreligionen
und
ihren Regeln zu unterstellen. All das stellt sich als sinnlos heraus.
Denn Jesus hat alles schon getan - an unserer Stelle. Dafür ist er
in unsere Welt gekommen. Er ist "getan unter das Gesetz" -
an unserer Stelle. Glaubst du ihm das? Wohl dem, der das tut. Denn
der wird eine unbeschreibliche Freiheit erfahren. Eine Freiheit, von
der alle religiös Bemühten, Belasteten nur träumen
können.
3. Das Leben in der Freiheit: Nicht
Knecht, sondern Kind
So, dass war jetzt wirklich viel
Theorie - anstrengend, aber notwendig. Nun wollen wir nach den
praktischen Auswirkungen in unserem Leben fragen. Denn diese
Befreiung, die Jesus bringt. Sie hat eine ganz bestimmte
Zielrichtung. Sie macht uns zu Kindern Gottes. "Weil ihr nun
Kinder seid, hat Gott den Geist seines Sohnes gesandt in unsere
Herzen, der da ruft: Abba, lieber Vater!" (Römer 8:15)
Es ist ja heute leider mehr und mehr
Brauch geworden, den arbeitenden Menschen unter Druck zu setzen. Der
Rotstift wird angesetzt, der Sparzwang diktiert, und auf einmal
müssen vier Menschen die gleiche Arbeit machen wie vorher
fünf,
dann wird rationalisiert auf drei, usw. usw. Manche kennen das aus
eigener leidvoller Erfahrung. Und wenn du dich beklagst, dann musst
du vielleicht noch hören: Wenn Sie sich überfordert
fühlen, dann
müssen Sie das nicht mehr tun. Draußen warten schon drei
andere,
die gerne ihre Stelle übernehmen würden... Und dir fällt
vielleicht das ein, wofür man früher das alte Wort
"Knechtschaft"
gebraucht hat.
"So bist du nun nicht mehr Knecht,
sondern Kind." Ja - manche stellen sich so auch die Beziehung
zu Gott vor - wie eine Arbeitsstelle unter hohem Druck. Du musst
schuften wie ein Knecht. Du musst fromme, christliche Leistung
bringen. Und wer diese Leistung nicht bringt, der wird zuerst von
Gott "abgemahnt". Und wer dann die Leistung immer noch
nicht bringt, der "fliegt". Und vorbei ist es mit dem
Christsein, mit der Beziehung zu Gott, mit der Hoffnung auf den
Himmel.
Deshalb merken wir uns gut diesen Satz,
der für jeden Christen gilt: "So bist du nun nicht mehr Knecht,
sondern Kind." Diesen Satz kann vielleicht der besonders gut
nachvollziehen, der selbst Kinder hat. Kinder haben gewöhnlich ein
ganz natürliches, spontanes Vertrauen zu ihren Eltern. Sie wissen,
wo sie geborgen sind, und wo ihr Zuhause ist. Natürlich
müssen sie
auch lernen, ihren Eltern zu gehorchen - und das ist nicht immer so
einfach... Aber eines ist dabei immer klar: Unsere Kinder würden -
hoffentlich! - nicht auf die Idee kommen, dass ich eines Tages nicht
mehr ihr "Vati" bin - selbst dann, wenn es einmal Ärger
gegeben hat. Das wäre nicht nur für Kinder, sondern auch
für
Erwachsene ein unsinniger Gedanke: Kind seiner Eltern wird man durch
die Geburt und durch sonst nichts, daran gibt es nichts zu rütteln
und zu deuteln. Und deshalb tun Kinder instinktiv das Richtige, wenn
sie ihren Eltern spontan vertrauen, und wenn sie lernen, auf sie zu
hören.
"Abba, lieber Vater" - so
kann ein Christ spontan rufen zu Gott. "Abba" - übersetzt
heißt das soviel wie "Vati". Warum? Weil der Heilige Geist
ihm - im Bild der Bibel - eine "neue Geburt" geschenkt hat.
Und durch diese geistliche Geburt ist er Kind Gottes, und Gott ist
sein "Vati", sein lieber himmlischer Vater.
"Wundere dich nicht, daß ich dir
gesagt habe: Ihr müßt von neuem geboren werden." (Johannes
3:7) So sagt schon Jesus zu dem erstaunten Pharisäer Nikodemus.
Ein
Mensch, der zum Glauben an Jesus Christus gekommen ist. Ein Mensch,
dem alle seine Sünden vergeben wurde. Ein solcher Mensch hat eine
neue, eine geistliche Geburt erfahren. Er ist jetzt ein Kind Gottes.
Und daran gibt es nichts zu rütteln.
Ich bin nicht heute Kind Gottes - solange ich nur fest genug glaube
und mich christlich verhalte. Und morgen bin ich es nicht mehr - weil
die Zweifel kommen, oder weil ich in Schuld gefallen bin. Das ist
nach der Bibel eine ganz und gar unmögliche Vorstellung! Kind
Gottes
werde ich nicht durch meine Frömmigkeit. Kind Gottes werde ich
dadurch, dass Jesus in die Welt kommt. Und dass er mich frei macht.
"Als die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen Sohn, .....,
damit wir die Kindschaft empfingen." Dass wir unserem Vater im
Himmel dann nicht nur vertrauen, sondern ihm auch gehorchen - dass
ist nicht die Voraussetzung der Kindschaft, sondern das ist ihre
Folge! Nicht die Voraussetzung der Kindschaft, sondern die Folge.
Merken wir uns das gut - wenn wir in dieser Freiheit der Kinder
Gottes leben wollen.
Es ist eben ganz genau so wie bei
unseren eigenen Kindern. Erst werden sie geboren. Dann merken sie:
Da ist jemand, dem ich vertrauen kann. Dann lernen sie "Vati"
und "Mutti" zu sagen. Und dann lernen sie auch, auf ihre
Eltern zu hören. Einen Angestellten, einen "Knecht" - den
kann man entlassen, wenn er "nicht genug bringt". Aber das
ist bei unserem Verhältnis zu Gott nicht so. "So bist du nun
nicht mehr Knecht, sondern Kind." Da können wir als Christen
ganz gewiss sein. Da gibt es nichts zu rütteln.
So nehmt das mit, als frohe Botschaft
aus diesen Weihnachtstagen: Jesus kam in die Welt, um uns zu
befreien. Für die Schuldbeladenen, die nicht "aus ihrer Haut
heraus können". Für die Selbstgerechten, die Frommen, die
religiös Bemühten. Und für alle anderen. Dafür
wurde er als
Mensch geboren. Dafür lebte er "zu unseren Bedingungen".
Dafür starb er am Kreuz - "unter das Gesetz getan". Jesus
kam in diese Welt, um uns zu frohen und freien Kindern Gottes zu
machen. Kinder, die voller Vertrauen sind auf ihren himmlischen
Vater.
Das wollen wir nicht versäumen.
Vielleicht ist es ja heute für den einen oder anderen dran, einen
solchen Schritt des Glaubens zum ersten Mal zu tun. Wenn das so ist,
dann fass' dir ein Herz. Sag' ihm, was dich belastet, an Not und
Schuld. Und vertraue dich Jesus an. Ganz und gar, ohne Abstriche und
Vorbehalte. Vielleicht ist dir auch einfach wieder neu bewusst
geworden. Welche großen Geschenke Gottes Jesus mitgebracht hat,
als
er in unsere Welt kam. So oder so: Es ist Grund genug, ein frohes
Fest an Weihnachten zu feiern. "Als aber die Zeit erfüllt war,
sandte Gott seinen Sohn, geboren von einer Frau und unter das Gesetz
getan, damit er die, die unter dem Gesetz waren, erlöste, damit
wir
die Kindschaft empfingen." Amen.
zurück zur
Übersicht