Kopf hoch - denn unser
Herr lebt! Predigt zum Osterfest 2007 über 1. Samuel 2,1-2.6-8a
1 Und Hanna betete und sprach: Mein
Herz ist fröhlich in dem HERRN, mein Haupt ist erhöht in dem
HERRN. Mein Mund hat sich weit aufgetan wider meine Feinde, denn ich
freue mich deines Heils. 2 Es ist niemand heilig wie der HERR,
außer dir ist keiner, und ist kein Fels, wie unser Gott ist. ...
6 Der HERR tötet und macht
lebendig, führt hinab zu den Toten und wieder herauf. 7 Der HERR
macht arm und macht reich; er erniedrigt und erhöht. 8 Er hebt auf
den Dürftigen aus dem Staub und erhöht den Armen aus der
Asche, daß er ihn setze unter die Fürsten und den Thron der
Ehre erben lasse.
Liebe Geschwister,
wir haben einen lebendigen, starken, allmächtigen Herrn, einen der
sogar den Tod in das Leben verwandeln kann. Das macht Mut - für
dieses Leben, aber auch über die Schwelle des Todes hinaus. Zu ihm
wollen wir kommen mit allen Nöten.
1. Mut für Menschen mit Nöten
Ostern ist ein so fröhliches Fest. Und die Osterlieder sind so
fröhliche Lieder. Dass es für den einen oder anderen
vielleicht geradezu zu schön ist. Menschen mit großen
Sorgen. Menschen in Krankheitsnot. Oder vielleicht solche, die an
Ostern auf den Friedhof gehen. Um am Grab eines lieben Angehörigen
still zu werden. Denen ist vielleicht gar nicht nach Osterjubel zumute.
Vielleicht hat die Kirche deshalb ausgerechnet über diesen -
ungewöhnlichen? - Text. Hat sie ihn immer wieder ausgerechnet an
Ostern auslegen lassen. Ja - dieser Text ist tatsächlich ein
traditioneller Ostertext. Und vielleicht gerade für solche gut,
denen auf Anhieb nicht nach Osterfreude zumute ist.
Es ist ja ein Dankgebet eines Menschen, der "viel durch hat" in seinem
Leben. Hanna sehnte sich schon seit vielen Jahren nach Kindern - ohne
dass sie und ihr Mann etwas erreicht hätten. Was für eine
Schande, gerade in der damaligen Zeit! Die Leute zeigten mit Fingern
auf sie. Ob es schon Gerüchte gab, dass sie für eine
heimliche, unerkannte Verfehlung von Gott gestraft würde? Da half
ihr auch nicht die Liebe ihres Mannes. Und ob es ihr nützte, wenn
er sie fragte: Warum bist du so traurig? Du hast doch mich - ist das
nicht mehr wert als zehn Söhne? (1. Samuel 1:8)
Das Schlimmste aber waren die Sticheleien ihrer Konkurrentin. Was im
Beziehungs-Durcheinander von heute immer wieder vorkommt: Dass ein
verheirateter Mann etwas mit einer anderen Frau anfängt. Und dann
hat seine Ehefrau auf einmal eine Konkurrentin, die um ihren Mann
wetteifert und ihn abspenstig machen will. Solche Konkurrenz war im
Volk Gottes damals offiziell erlaubt: Elkana hatte zwei Frauen - Hanna,
und ihre Konkurrentin Peninna. Eine, die Hanna mit ständigen
Sticheleien das Leben zur Hölle machte: Was - du willst du deinem
Mann eine Frau sein? Du bringst es ja nicht einmal zustande, ihm Kinder
zu schenken. (1. Samuel 1:6)
Ja, auch heute müssen Menschen so etwas durchleiden. Sei es in
Beziehungen oder anderswo. Und auch einen gläubigen Menschen
kann das an die Grenze seiner Kraft führen: Wenn er am
Arbeitsplatz gezielt gedemütigt wird, von Kollegen, oder sogar vom
Chef. "Mobbing" nennt man so etwas. Oder wenn ein Schüler
ständig von seinen Mitschülern gehänselt wird, wenn man
ihn nicht in die Gemeinschaft aufnimmt. Und selbst in den "besten
Familien" kommt es vor: Dass einer zum "schwarzen Schaf" gestempelt
wird. Vielleicht, weil er nicht in das Schema hereinpasst, das in
dieser Familie gilt.
Ja - Hanna könnte solche Nöte gut verstehen, würde sie
heute leben. Aber nicht nur sie könnte es verstehen. Sondern auch
unser Herr Jesus Christus. Denn sein Ostersieg hat eine lange,
häßliche Vorgeschichte. Und wenn es um Herabsetzung,
Demütigung, ja sogar Folter geht. Dann weiß Jesus, wie so
etwas ist. Denn er hat all das selbst durchgemacht.
Ja - dieses Gebet der Hanna. Mit seiner ganzen Vorgeschichte. Es hilft
uns zu verstehen: Ostern ist auch etwas für die Menschen, denen
nicht nach Jubeln zumute ist. Gott "hebt den Dürftigen aus dem
Staub und erhöht den Armen aus der Asche". Und er kann sich dazu
tief genug herab beugen, dass er den Bedürftigen auch
tatsächlich erreicht. Das sehen wir an Hanna. Und das sehen wir
daran, wie es unserem Herrn Jesus Christus ergangen ist. Osterjubel,
auch für solche? Ja - gerade!
2. Mut in scheinbar auswegloser Lage
Als Hanna so tief unten ist, dass sie kein Licht mehr am Ende des
Tunnels sieht. Da geht sie hinein in das Heiligtum und betet. "Und sie
war von Herzen betrübt und betete zum Herrn und weinte sehr." (1.
Samuel 1:10) Eigentlich kann sie nichts Besseres tun als das. Denn
damit zeigt sie: Bei aller Ausweglosigkeit weiß sie um einen, der
noch größer, noch mächtiger, noch stärker ist.
Stärker als alles, was sie niederdrückt. Stärker als
alle Demütigungen, die sie so lange ertragen musste.
Manchmal sieht es ja so aus, als ob gewisse Menschen der wichtigste
Machtfaktor sind in dieser Welt. Wenn sie auf der gesellschaftlichen
Leiter nur hoch genug geklettert sind, dann können manche
anscheinend tun und lassen, was sie wollen - selbst Recht und Gesetz
kann ihnen dann nichts mehr anhaben. So könnte man denken, und nur
noch resigniert den Kopf schütteln.
Wenn man allerdings die Nachrichten aufmerksam verfolgt, dann sieht
man: Gerade in der letzten Zeit konnte man feststellen, wie schnell
auch scheinbar große Leute wieder von dieser Leiter
herunterfallen und auf einmal ganz klein werden. Da verliert ein
Spitzensportler Ansehen und Karriere, weil er sich aus den
Dopingvorwürfen nicht mehr herausreden kann. Da finden sich
Spitzenmanager und hohe Gewerkschaftsfunktionäre auf einmal in
Untersuchungshaft wieder, weil man ihren gemeinsamen Betrügereien
auf die Schliche gekommen ist. Da sieht es so aus, dass in einigen
Rathäusern Sachsens das große Zittern losgeht, während
die Kassenprüfer und Steuerfahnder immer näher rücken.
"Der Herr macht arm und macht reich; er erniedrigt und erhöht." So
heißt es in unserem Predigttext. Wie sagte der frühere
Bundespräsident Gustav Heinemann schon 1950: "Die Herren dieser
Welt gehen, unser Herr kommt!" Gerade die Osterzeit lehrt uns: Was in
der Welt geschieht, geht letztlich nicht nach dem, was Menschen denken,
wünschen, hoffen, befürchten, oder erzwingen wollen. Es
geht allein nach dem Willen dessen, der alles in der Hand hat. Wir
haben einen lebendigen, auferstandenen Herrn. Keinen toten Götzen,
sondern einen lebendigen Gott, der mitten in das Geschehen eingreift
und noch immer alles unter Kontrolle hat. Selbst dort, wo es auf den
ersten Blick ganz anders aussieht.
Das konnte auch Hanna erfahren. Und nachdem sie so lange ihre
verzweifelte Lage aushalten musste, da erhört der Herr ihr Gebet.
Sie und ihr Mann Elkana freuen sich über den Sohn Samuel, der bald
danach auf die Welt kommt. Aber nicht nur das: Nachdem Hanna ihren
kleinen Samuel. So, wie sie es Gott gelobt hat. Nachdem sie Samuel in
die Stadt Silo gebracht hat, damit er dort am Heiligtum aufwachsen
sollte, unter der Obhut des Priesters. Danach erhört Gott sie noch
einmal, gleichsam über Bitten und Verstehen. Und die Frau, die bis
dahin als hoffnungslos unfruchtbar galt. Sie brachte nach Samuel noch
drei weitere Söhne und zwei Töchter zur Welt. (1. Samuel
2:21) Was ihre Konkurrentin Peninna dazu gesagt hat mit ihren
ständigen Sticheleien, das erfahren wir nicht. Es ist wohl auch
nicht nötig. Wahrscheinlich hat es ihr die Sprache verschlagen und
ihren bösen Mund gestopft.
Deshalb: Egal was dich bedrückt und bedrängt - nur Mut in
dieser österlichen Zeit! Schütte dein Herz vor dem Herrn aus,
sage ihm, was du auf dem Herzen hast. Erwarte alles von ihm - selbst
Dinge, die du selbst für unmöglich hältst. Denn der
lebendige Herr sitzt immer noch im Regiment. Die "Chefetage" dieser
Welt hält er besetzt, und sonst keiner. Vor ihm werden die
"großen Bosse" klein. Aber auch die kleinen, aber gemeinen Leute.
Die vielleicht dein Leben zur Hölle machen. Die müssen vor
ihm irgendwann ihren Mund verschließen - und dann bleibt er zu.
Und alle anderen Fragen und Nöte, die vor dir stehen, und wo es
scheinbar aussichtslos ist: Auch da sitzt er immer noch "an den
Schalthebeln", so lebendig und allmächtig, wie er schon immer war.
"Es ist niemand heilig wie der Herr, außer dir ist keiner, und
ist kein Fels, wie unser Gott ist."
Eigentlich gibt es nur eine Sorte von Menschen, die in dieser Osterzeit
keinen Grund zum Feiern haben: Das sind die, die niemanden über
sich haben wollen. Die, die über ihr eigenes Leben und über
das Leben anderer selbst bestimmen, in eigener Vollmacht bestimmen
wollen. Die, die den Herrn der Welt nicht als ihren höchsten
"Chef" anerkennen. Die, die nicht nach seinem Willen fragen. Ja - die
müssen sich wirklich fürchten. Denn sie haben sich einen
Gegner ausgesucht, der stärker ist als sie. "Der Herr macht arm
und macht reich, er erniedrigt und erhöht." Alle anderen - die
haben viel Grund, von ihrem Herrn alles zu erwarten. Deshalb: nur Mut
in dieser österlichen Zeit!
3. Mut angesichts des Todes
Auch heute werden wieder einige Menschen auf die Friedhöfe gehen.
Sie werden das Grab eines lieben Menschen besuchen, den sie verloren
haben. Sie werden alten Erinnerungen nachhängen. Und sie werden
vielleicht fragen: Herr, warum? Andere denken vielleicht an einen
kranken Menschen, einen wo die Ärzte gesagt haben: Der ist
"austherapiert", wie man das nennt. Wir geben ihm noch drei Monate.
Oder drei Wochen. Was soll da werden?
Diese Predigt wäre unvollständig, wenn sie nichts über
die größte Not des Menschen sagen würde: über die
Todesnot. Manche Fragen und manche Antworten werden erst dann
vollständig, wenn man das mit einbezieht: Die Frage nach dem Tod,
und nach dem, was danach kommt. "Der Herr tötet und macht
lebendig, führt hinab zu den Toten und wieder herauf." Ja - auch
unser Predigttext enthält einen deutlichen Hinweis darauf, dass
wir über dieses Leben hinaus denken müssen. Und ich denke,
dieser Satz ist bereits ein deutlicher, ein prophetischer Hinweis auf
das, das man dann an Jesus Christus klar und deutlich ablesen kann.
Schauen wir auf unseren Herrn Jesus Christus, und darauf, wie es ihm
ergangen ist. Und fragen wir: Was hätte Jesus denken müssen,
wenn er diese Predigt bis hierher gehört hat? Er gehörte ja
nun zu denen, bei denen es ganz und gar nicht gut ausgegangen ist. Ganz
anders ist es ihm ergangen als Hanna, die nach ihrer Leidenszeit ein
erfülltes, gesegnetes Leben hatte. Jesus hatte
gekämpft. Jesus hatte gebetet: Vater, wenn du willst, dann lass
diesen Kelch an mir vorübergehen. (Matthäus 26:39) Es half
alles nichts. Seine Feinde triumphierten schließlich. Sie konnten
ihn gefangennehmen. Er wurde ungerecht beschuldigt, gedemütigt,
geschlagen und gefoltert. Und dann feierten sie seinen Tod, und sie
dachten, sie wären ihn endgültig los.
Das ganze Evangelium, die ganze Botschaft des Christentums, all das
wäre sinnlos. Wenn es danach nicht weiter gegangen wäre.
Jesus wäre ein Paradebeispiel dafür geworden, wie machtlos
Gott ist. Oder wie sinnlos es ist, zu ihm zu beten - wenn dann doch
keine Hilfe kommt, und man schließlich sterben muss. Und man
müsste dann fragen: Ist es Jesus nicht im Grunde so ergangen wie
so manchem Krebskranken, den wir in den letzten Jahren zu Grabe tragen
mussten? Gekämpft bis zum Schluss? Gebetet? Und dann war doch
alles aus, und der Tod hatte das letzte Wort?
Es könnte tatsächlich so aussehen - wenn Gott den Bogen nicht
sehr viel weiter spannen würde. Wenn seine Macht nur dieses Leben
umfassen würde. Dieses kurze Leben des Menschen, von dem die Bibel
sagt, es dauert 70, und wenn es hoch kommt 80 Jahre (Psalm 90:10).
Deshalb kommt man hier nur zu einem befriedigenden Abschluss, wenn man
die Auferstehung mit einbezieht. Deshalb macht das Leben und Sterben
Jesu nur dann Sinn, wenn man weiß: Am dritten Tag war sein Grab
leer. Am dritten Tag war alles anders. Am dritten Tag zeigte Gott, dass
er wirklich der Herr aller Herren ist. Der Herr, der sogar dem Tod
nicht das letzte Wort lässt - weil er stärker ist als der
Tod. "Der Herr tötet und macht lebendig, führt hinab zu den
Toten und wieder herauf." Jetzt - erst jetzt, und keine Sekunde
vorher!. Erst jetzt hatten sich alle Fragen aufgelöst. Und es war
klar: Der Tod am Kreuz - der war in Wirklichkeit ein Sieg des Lebens.
Und deshalb konnte Jesus schon am Kreuz sagen: "Es ist vollbracht."
(Johannes 19:30)
Ja - an Jesus können wir sehen: Es geht nicht immer "gut aus",
wenn wir unseren Blick allein auf dieses Leben richten. Auf die 70, 80,
oder wie vielen Jahre auch immer, die Gott uns für diese Erde
gibt. Nein - nicht alle Fragen lösen sich in diesem Leben. Erst,
wenn man über den Horizont schaut. Erst dann ordnet sich alles
sinnvoll zusammen. Und wir erkennen: Der Herr bleibt immer noch der
Heilige, der Fels, von dem hier die Rede ist.
Was mag das heißen, etwa für einen Menschen, der dem Tod ins
Auge sehen muss? Er kann wissen: Auch wenn ich dem Tod ins Auge sehe,
es geschieht dennoch nichts, was er, der Herr, nicht will. Das kann
einem Todkranken und seinen Leuten Mut machen, immer wieder zu beten.
Und er darf wissen: Sogar mich kann der Herr heilen, wenn er will. Die
ganzen 2000 Jahre der Christenheit sind Zeuge dafür, dass solche
Wunder geschehen sind und immer wieder geschehen können.
Aber er darf und soll auch wissen: Ob mich Jesus jetzt heilt oder nicht
- die eigentliche Auflösung aller Fragen. Die gibt es erst, wenn
wir die Grenze überschreiten. Und da ist es egal, ob wir die
Grenze in jungen Jahren überschreiten, weil eine Krankheit uns
viel zu früh aus dem Leben ruft. Oder ob wir sie in gesegnetem
Alter überschreiten, nach einem langen, erfüllten Leben. Die
eigentlichen Fragen lösen sich erst auf, wenn Gott einem
gläubigen Menschen dann neues, ewiges Leben gibt. Wenn
einer, der zu Lebzeiten Jesus treu nachgefolgt ist. Wenn einer, der
schon da seinen Frieden mit Gott gemacht hat - denken wir an die
Karfreitagspredigt! (Jesus
- der Mittler zwischen Gott und Mensch) Wenn der nun seinen Herrn
sehen kann, und bei ihm zu Hause ist. Nicht nur für 70 oder 80
Jahre. Sondern für eine ganze Ewigkeit. Da ist dann wirklich alles
gut ausgegangen - für immer. So wie schon damals, am dritten Tag,
als das Grab leer war.
Deshalb: lasst uns in dieser Osterzeit voller Mut zu unserem lebendigen
Herrn kommen. Wir wollen ihm vertrauen. Er ist immer noch der
Herr. In diesem Leben, egal was mich bedrängt. Im Sterben. Und
darüber hinaus, wenn wir die Grenze überschreiten. Dorthin
gehen, wo sich alle, wirklich alle Fragen auflösen. "Der Herr
tötet und macht lebendig, führt hinab zu den Toten und wieder
herauf." "Es ist niemand heilig wie der HERR, außer dir ist
keiner, und ist kein Fels, wie unser Gott ist." Amen.
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