Gott hält Wort

Predigt über 2. Korinther 1,18-20

18 Gott ist mein Zeuge, daß unser Wort an euch nicht Ja und Nein zugleich ist. 19 Denn der Sohn Gottes, Jesus Christus, der unter euch durch uns gepredigt worden ist, durch mich und Silvanus und Timotheus, der war nicht Ja und Nein, sondern es war Ja in ihm. 20 Denn auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja; darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zum Lobe.

Liebe Geschwister,
Gott ist anders als wir Menschen. Denn er ist einer der wenigen - vielleicht der einzige? - , der heutzutage wirklich noch Wort hält. Daran erinnert uns gerade die Adventszeit.

1. Von der Schwierigkeit, heute noch jemandem beim Wort zu nehmen

"Den kann man wirklich beim Wort nehmen." Hand auf's Herz: von wem würdet ihr das heute wirklich noch so sagen? Ich persönlich finde es ganz schön schwierig, heutzutage noch solche Menschen zu finden. Das fängt ja schon im öffentlichen Leben an: Vor den Wahlen gibt jede Partei sog. "Wahlversprechen" ab, die sie dann später einlösen möchte. Um auf Stimmenfang zu gehen, verspricht man die erstaunlichsten Dinge. Und nach der Wahl - da stellt sich oft genug Ernüchterung ein, wenn man nachhakt: Was ist eigentlich aus euren Wahlversprechen geworden? Auch im beruflichen Leben wird es zunehmend schwieriger, noch etwas zu glauben: Große Konzerne finden nichts dabei, ihre Bilanzen zu fälschen. Und kleine Handwerker warten oftmals vergeblich auf die Bezahlung für ihre Arbeit, weil durchaus nicht jeder- wie eigentlich abgemacht - seine Rechnungen bezahlt. Ob es im privaten, gar im familiären Bereich, besser aussieht - das weiß ich nicht so recht. Etwa die Hälfte aller Eheversprechen werden - auf die Dauer gesehen - nicht mehr eingehalten. Manche sind immerhin so ehrlich, daß sie schon bei der Hochzeit auf das alte Versprechen verzichten: "bis daß der Tod euch scheidet...".
Also - ich persönlich finde es ganz schön schwierig. Noch solche Menschen zu finden, von denen man sagen kann: "Die kann ich wirklich beim Wort nehmen." Im Gegenteil - man beginnt, im gegenseitigen Umgang ein sog. "gesundes Mißtrauen" zu entwickeln. Besonders gut ist das nicht für menschliche Beziehungen. Aber was bleibt einem manchmal anderes übrig? Will man nicht immer zu denen gehören, die hereingelegt werden?
Ganz problematisch wird das Ganze allerdings, wenn ich anfange, dieses Mißtrauen auf Gott und auf sein Wort zu übertragen. Sollte Gott tatsächlich gesagt haben? (1. Mose 3,1) - so hatte ja schon die verschlagene Schlange im Paradies gefragt. Sollte man sich tatsächlich auf Gottes Wort verlassen? Kann man ihn beim Wort nehmen? Oder ist hier nicht auch ein "gesundes Mißtrauen" angesagt? Sollte Gott das tatsächlich alles so gemeint haben, wie es in der Bibel steht?
Mittlerweile hat die listige Schlange längst akademische Weihen und Doktortitel erworben, und die sog. "historisch-kritische Bibelauslegung" erfunden - von manchen auch, etwas verkürzt, "Bibelkritik" genannt. Hier wird die natürliche Neigung des Menschen, Gott zu mißtrauen. Hier wird sie wissenschaftlich unterstützt. Je nach Ausprägung fängt das Mißtrauen mit scheinbar unbedeutenden Dingen an: Sollte Abraham tatsächlich so gelebt haben, wie wir es in der Bibel lesen? Sollte tatsächlich der "alte Mose" die Gesetze im Alten Testament aufgeschrieben haben? Ist die Schöpfung in sechs Tagen nicht in Wirklichkeit von ein paar Priestern erfunden worden, in der Zeit der babylonischen Gefangenschaft? Wäre hier nicht etwas gesundes Mißtrauen gegenüber diesen alten Texten angebracht? Manche fangen dann an, auch an bedeutenderen Gottesworten zu zweifeln: Sollte Jesus tatsächlich von einer Jungfrau geboren sein? Sollte tatsächlich sein Grab leergewesen sein? Sollte er tatsächlich am Kreuz alle unsere Sünden weggenommen haben? Und manche Theologen - die haben  tatsächlich auch konsequent den letzten Schritt getan, und gefragt: Ist Gott nicht in Wirklichkeit tot? Ich kann mir vorstellen, wie die listige Schlange da vor Freude getanzt hat...
Nein, wir wollen der Schlange ihren Triumph nicht gönnen. Nein - wo bei Menschen manchmal ein "gesundes Mißtrauen" nicht verkehrt ist. Da ist es bei Gott und seinem Wort, bei der Bibel, ganz und gar fehl am Platz. Laßt uns statt dessen fragen: Wie kann ich sehen, daß Gott und sein Wort ganz und gar zuverlässig sind? So ganz anders, als die meisten Menschen heutzutage? Laßt es uns an einem Beispiel betrachten, das besonders gut in die Adventszeit paßt. Deshalb:

2. An der Vielzahl der erfüllten Verheißungen beweist Gottes Wort seine absolute Zuverlässigkeit

Wenn ich mich nun hinstelle, und einfach sage: wer ein "ordentlicher Christ" sein will, der hat der Bibel zu glauben, und damit basta. Dann wäre damit wenig gewonnen. Mir hat es dagegen immer am meisten eingeleuchtet, wenn ich nicht den Theologen X und demgegenüber Pastor Y höre. Sondern wenn ich die Bibel selbst befrage. Was sagt die Bibel eigentlich über sich selbst?
In der Advents- und Weihnachtszeit, da ist ja in der Kirche die Zeit, wo traditionell immer wieder aus dem Alten Testament gelesen wird. Manche dieser wunderbaren Worte kennt man schon bald auswendig, etwa von Jesaja: "Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist uns gegeben, und die Herrschaft ruht auf seiner Schulter; und er heißt Wunder-Rat, Gott-Held, Ewig-Vater, Friede-Fürst..." (Jesaja 9:5). Und nicht umsonst heißt es im Adventslied: "Gott sei Dank durch alle Welt, der sein Wort beständig hält" (Gesangbuch der EmK 149,1)
In der christlichen Kirche ist es schon seit 2000 Jahren üblich. Daß man in der Vielzahl der erfüllten Verheißungen aus dem Alten Testament. Daß man daran erkannt hat: Gott hält Wort. Egal welche Erfahrungen ich mit den Menschen gemacht habe - bei ihm, bei Gott, da ist "gesundes Mißtrauen" fehl am Platz. Oder wie Paulus es hier ausdrückt: "Auf alle Gottesverheißungen ist in ihm, (Christus), das Ja; darum sprechen wir auch durch ihn das Amen, Gott zum Lobe." Durch diese Verheißungen hat die Kirche immer wieder zu ihrem Bekenntnis gefunden: Ja, Gottes Wort ist absolut zuverlässig - darauf sprechen wir ein kräftiges "Amen". 
Es lohnt sich, das nicht nur einfach zu behaupten. Sondern wenigsten an ein paar Beispielen einmal zu überprüfen (die Gemeinde hat dazu Zettel mit den angeführten Bibelstellen). Wo hat Gott seine Versprechungen eingehalten? Wo sieht man das gerade an Jesus Christus? Betrachten wir dazu ein paar Stellen aus den Evangelien:
Schon vor der Geburt Jesu erhält der verwunderte Josef eine Ankündigung durch einen Engel: (Matthäus 1:22) Das ist aber alles geschehen, damit erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht : 23 »Siehe, eine Jungfrau wird schwanger sein und einen Sohn gebären, und sie werden ihm den Namen Immanuel geben«, das heißt übersetzt: Gott mit uns. (aus Jesaja 7:14)
Nach der Geburt Jesu, als König Herodes gewarnt ist und seinen berüchtigten Kindermord plant. Da erhält wiederum Josef eine Botschaft eines Engels, diesmal eine Warnung. Sie machen sich auf die Flucht. (Matthäus 2:14) Da stand er auf und nahm das Kindlein und seine Mutter mit sich bei Nacht und entwich nach Ägypten 15 und blieb dort bis nach dem Tod des Herodes, damit erfüllt würde, was der Herr durch den Propheten gesagt hat, der da spricht: »Aus Ägypten habe ich meinen Sohn gerufen.« (aus Hosea 11:1)
Herodes führt seinen grausamen Plan trotzdem durch. (Matthäus 2:17) Da wurde erfüllt, was gesagt ist durch den Propheten Jeremia, der da spricht : 18 »In Rama hat man ein Geschrei gehört, viel Weinen und Wehklagen; Rahel beweinte ihre Kinder und wollte sich nicht trösten lassen, denn es war aus mit ihnen.« (aus Jeremia 31:15)
Etwa dreißig Jahre später, der erwachsen gewordene Jesus hält seine erste Predigt in seiner Heimatstadt Nazareth, in der Synagoge: (Lukas 4: 17) Da wurde ihm das Buch des Propheten Jesaja gereicht. Und als er das Buch auftat, fand er die Stelle, wo geschrieben steht : 18 »Der Geist des Herrn ist auf mir, weil er mich gesalbt hat, zu verkündigen das Evangelium den Armen; er hat mich gesandt, zu predigen den Gefangenen, daß sie frei sein sollen, und den Blinden, daß sie sehen sollen, und den Zerschlagenen, daß sie frei und ledig sein sollen, 19 zu verkündigen das Gnadenjahr des Herrn.« 20 Und als er das Buch zutat, gab er's dem Diener und setzte sich. Und aller Augen in der Synagoge sahen auf ihn. 21 Und er fing an, zu ihnen zu reden: Heute ist dieses Wort der Schrift erfüllt vor euren Ohren. (aus Jesaja 61:1+2)
Jesus bleibt nicht in seiner Heimatstadt, denn er weiß: Sein Dienst gilt seinem ganzen Volk. (Matthäus 4:13) Und er verließ Nazareth, kam und wohnte in Kapernaum, das am See liegt im Gebiet von Sebulon und Naftali, 14 damit erfüllt würde, was gesagt ist durch den Propheten Jesaja, der da spricht : 15 »Das Land Sebulon und das Land Naftali, das Land am Meer, das Land jenseits des Jordans, das heidnische Galiläa, 16 das Volk, das in Finsternis saß, hat ein großes Licht gesehen; und denen, die saßen am Ort und im Schatten des Todes, ist ein Licht aufgegangen.« (aus Jesaja 8:23-9,1)
Viele andere Beispiele lassen sich finden. Und in vielen Bibelübersetzungen sind - aus gutem Grund - solche Stellen ausdrücklich gekennzeichnet. Damit man weiß, auf welche Verheißung sich die Stelle bezieht. Lest einmal in der Advents- und Weihnachtszeit den Anfang eines Evangeliums, z.B. Matthäus, und achtet auf solche Stellen. Wer sich diesen "Luxus" gönnt, eine stille Stunde mit ein paar Kapiteln aus der Bibel. Trotz "Weihnachtsstreß". Der mag ganz neu entdecken: Gott hält tatsächlich Wort. Sein Wort, die Bibel. Die ist absolut zuverlässig. Oder: Auf alle Gottesverheißungen ist in Jesus Christus das Ja.

3. Wie gut tut es zu wissen: auf Gottes Wort kann ich mich absolut verlassen

Ja, diese Erkenntnis. Daß ich gegenüber Gott und seinem Wort tatsächlich jedes "gesunde Mißtrauen" fahren lassen kann. Daß ich in der Bibel einfach alles "für bare Münze nehmen" kann, in ganz schlichtem, kindlichen Glauben. Diese Erkenntnis ist in der Tat sehr wohltuend. Die wird mein Leben und meinen Glauben verändern.
Vielleicht hast du ja schon viele schlechte Erfahrungen gemacht. Mit Menschen, denen du vertraut hast. Und die dann doch ihr Wort gebrochen haben. Vielleicht bist du dadurch ein mißtrauischer Mensch geworden, einer, der sich nicht mehr so leicht "ins Bockshorn jagen" läßt. Vielleicht ist dir ja gar nichts anderes übrig geblieben. Nur: das ist ein sehr anstrengendes Leben - wenn man immer erst alles und jeden prüfen muß. Auf die Wahrheit abklopfen muß. Wenn man niemandem mehr recht trauen kann. Wenn es so ist: Dann ist Gott und sein Wort ein Ruheort für deine enttäuschte, mißtrauische Seele. Eine Stelle in dieser verlogenen Welt. Eine Person. Ein Wort. Wo du einfach nur vertrauen darfst. Wo du keine Hintergedanken befürchten mußt. Wo du zur Ruhe kommen darfst. Wo du einfach nur die Bibel aufschlägst, liest, und glaubst: ja, so ist es, genau so, wie es dort aufgeschrieben ist. Auf alle Gottesverheißungen ist in ihm das Ja.
Vielleicht hast du auch in einer bestimmten Sache gebetet. Die dir schon lange Not macht. Und du fragst dich: Wird er mich hören? Wird er mir helfen? Will er mir überhaupt helfen? Dann darfst du wissen: Wenn du etwas betest, das mit Gottes Wort übereinstimmt. Das im Sinne Gottes ist. Dann kannst du dich hundertprozentig darauf verlassen, daß er dich hört und dir helfen wird. Jesus sagte dazu seinen Jüngern: "Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren." (Johannes 15:7) Martin Luther war es wohl, der in seiner bekannt derben Art einmal sagte: Wir sollen Gott beim Gebet seine eigenen Verheißungen, seine Gottesworte aus der Bibel "unter die Nase reiben". Warum? Luther wußte: Gott kann alles - das ist wohl wahr. Nur eines, das kann er nicht: er kann nicht lügen. Auf sein Wort ist immer Verlaß. Auf alle Verheißungen ist in ihm das Ja.
Vielleicht. Und das ist wohl der wichtigste Punkt. Vielleicht hast du ja auch Zweifel darüber, ob Gott dich immer noch liebt. Vielleicht hast du dich auf eine schwerwiegende Weise in Sünde verstrickt. Du hast es schon lange bereut, o ja. Du hast Jesus deine Schuld bekannt, im Gebet. Du hast es ihm nicht nur einmal gesagt. Aber du findest einfach keinen inneren Frieden darüber. Ja - das kann wirklich schwer sein. Und gerade hier ist die "listige Schlange" besonders auf dem Plan. Sie flüstert dir ein: Du willst zurück zu Gott? Vergiß es! Mit dem, was du angerichtet hast, wird er dich nicht mehr nehmen. Oder sollte er so etwas wirklich gesagt haben?
Gerade in einer solchen Lage ist es wichtig, zu wissen: auf Gottes Wort ist nicht nur zu 99,9 Prozent Prozent Verlaß. Sondern auf Gottes Wort ist zu 100 Prozent Verlaß. Da gibt es nicht das kleinste "Tüpfelchen" (Matthäus 5:18) - wie Jesus sagt -, das verkehrt ist. Keine Hintertürchen. Und kein "Kleingedrucktes". Und wenn es z.B. im 1. Johannesbrief heißt: "Wenn wir aber unsere Sünden bekennen, so ist er treu und gerecht, daß er uns die Sünden vergibt und uns reinigt von aller Ungerechtigkeit." (1. Johannes 1,9) Dann ist das so - und nicht anders. Hast du deine Sünden vor Jesus aufrichtig bekannt? Dann existieren sie nicht mehr.  "So fern der Morgen ist vom Abend, läßt er unsre Übertretungen von uns sein." (Psalm 103:12), wie schon David im Psalm betet. Das ist so. Egal, was dein schlechtes Gewissen dir sagt. Egal, was die "listige Schlange" dir einflüstert.
Schließlich ist in Jesus Christus das endgültige "Ja", gerade auf solche Verheißungen.
Wo du auch gerade stehst. Aber wenn du eines in der Adventszeit neu merkst: Auf Gottes Wort kann ich mich einhundertprozentig verlassen. Dann hat sich die Adventszeit für dich wahrlich "gelohnt". Denn "auf alle Gottesverheißungen ist in ihm (, in Christus), das Ja." Laßt uns darauf voller Vertrauen sagen: Amen.

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