Jesus - die "Nummer Eins" in meinem Leben

Predigt über Lukas 14,25-33

25 Es ging aber eine große Menge mit ihm; und er wandte sich um und sprach zu ihnen: 26 Wenn jemand zu mir kommt und haßt nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern und dazu sich selbst, der kann nicht mein Jünger sein. 27 Und wer nicht sein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein. 28 Denn wer ist unter euch, der einen Turm bauen will und setzt sich nicht zuvor hin und überschlägt die Kosten, ob er genug habe, um es auszuführen? 29 damit nicht, wenn er den Grund gelegt hat und kann's nicht ausführen, alle, die es sehen, anfangen, über ihn zu spotten, 30 und sagen: Dieser Mensch hat angefangen zu bauen und kann's nicht ausführen. 31 Oder welcher König will sich auf einen Krieg einlassen gegen einen andern König und setzt sich nicht zuvor hin und hält Rat, ob er mit Zehntausend dem begegnen kann, der über ihn kommt mit Zwanzigtausend? 32 Wenn nicht, so schickt er eine Gesandtschaft, solange jener noch fern ist, und bittet um Frieden. 33 So auch jeder unter euch, der sich nicht lossagt von allem, was er hat, der kann nicht mein Jünger sein.

Liebe Geschwister, 
für einen Christen. Für einen, der Jesus nachfolgt. Da wird Jesus schließlich so wichtig, daß  er darüber alles andere "vergessen" kann. "Um seinetwillen ist mir das alles ein Schaden geworden, und ich erachte es für Dreck, damit ich Christus gewinne." So drastisch schreibt der Apostel Paulus darüber, wieviel Jesus ihm wert ist (Philipper 3,8). Und so ähnlich hat es Jesus hier - von einer anderen Seite her - auch gesagt: "So auch jeder unter euch, der sich nicht lossagt von allem, was er hat, der kann nicht mein Jünger sein." Deshalb:

1. Keine "Fans", sondern Nachfolger

Offensichtlich hat Jesus keine Scheu davor, sich unbeliebt zu machen. Stellen  wir uns einmal plastisch vor, was er hier getan hat. "Eine große Menge ging mit  ihm", so heißt es - offensichtlich spielte sich das Ganze unter freiem Himmel ab. Verlegen wir das Ganze in eine Kirche von heute. Nehmen wir  für die große Menge eine sehr große Kirche - vielleicht so groß, wie die  große Kirche in Schneeberg, oder irgendeine noch größere Kirche. Jesus steigt auf die Kanzel. Die Kirche ist bis auf  den letzten Platz gefüllt, weit über tausend Leute sind versammelt. Die  Kirchenaustrittswelle scheint wie vergessen. Leute sind gekommen, die seit  Jahren keine Kirche mehr von innen gesehen haben. Schließlich ist Jesus selbst  gekommen. Man erwartet jetzt ein mutmachendes, oder tröstendes Wort. Oder  einfach etwas Freundliches - so daß man wieder nach Hause gehen kann mit einem guten  Gefühl, gestärkt von der Botschaft.
Und dann das. Jesus ergreift das Mikrofon und sagt: "Ich habe gar kein gutes  Gefühl bei dieser großen Menge. Ich weiß nicht, ob du hier richtig sind bei  mir. Ich will keine Fans. Ich will keine Bewunderer, keine Neugierigen. Ich  will keine Mitläufer. Ich will auch keine zufriedenen Kunden, denen ich die  religiösen Wünsche erfülle. Ich will nur solche, bei denen ich die unumschränkte Nummer Eins sein kann. Ich will jede einzelne Stunde deines Lebens  bestimmen - nicht nur sonntags morgens, sondern auch von montags bis  sonnabends. Wenn du dich auf mich einläßt, dann werde ich dir überall  hereinreden - auch in deine Privatsachen. Selbst dort, wo deine besten Freunde  nicht hereinreden dürfen. Du wirst lernen, dein Leben neu einzurichten - nach  meinen Worten und Geboten. Selbst da, wo es dir nicht paßt. Und bei all dem  wirst du immer wieder spüren - es lohnt sich, trotzdem. Ja sogar - es gibt nichts Besseres auf der ganzen Welt, als ein Leben mit mir. Bist du sicher, daß du das willst? Denke gut darüber nach. Und wenn du dir darüber klar geworden bist - dann komm zu mir und wir reden darüber." Und Jesus steigt wieder von der  Kanzel.
Großes Schweigen in der Kirche. Die kirchlichen Verantwortlichen für missionarischen Gemeindeaufbau schauen sich betreten an. Schließlich haben sie Jesus eingeladen in diese Veranstaltung. Aber was ist das? Ein Skandal! Jesus, glaubst du, du könntest so die Leute in der Kirche  halten? Du treibst sie ja hinaus! Etwas mehr Entgegenkommen wäre doch  angebracht, oder?   

2. Die Kosten bedenken - eine "geistliche Kalkulation" über die Nachfolge

Nein - Jesus will niemanden aus der Kirche treiben. Aber Jesus hat große Angst vor  Mitläufern. Vor der "großen Menge". Er hat Angst davor, daß er mißverstanden  wird. Er möchte nicht von uns vereinnahmt werden.
Jesus gebraucht dazu zwei Beispiele, um uns zum Nachdenken anzuregen. Ich will nur  das erste herausgreifen. Jesus erzählt er von einem Menschen, der einen Turm -  damals ein gewerbliches Gebäude - bauen wollte. So etwas wie heute eine Halle, wo man seine Maschinen aufstellt. Dieser Mensch schmiedet große Pläne. Er ist begeistert von seiner Idee. Und er fängt an zu graben. Dann wird  das Fundament des Gebäudes gelegt. Man kann anfangen mit dem Mauern. Und  plötzlich stellt er fest: Mein Geld ist zu Ende. Es hilft alles nichts. Zurück  bleibt eine Bauruine. Die Sache spricht sich herum. Und die Leute lachen über  ihn. Schaut - bauen will er. Dabei hat er noch nicht einmal gelernt, vorher  sein Geld zu zählen. Er hat die Kosten nicht überschlagen. Solche Fälle soll es ja bis heute geben...
Ja, Jesus gibt hier einen gutgemeinten Rat. Er sagt. Es ist nicht gut, wenn ihr euch selbst etwas vormacht. Überlegt es euch. Was es kosten kann, mein  Jünger zu sein. Was es kosten kann, ein Christ zu sein. "Wenn jemand zu mir  kommt und haßt nicht seinen Vater, Mutter, Frau, Kinder, Brüder, Schwestern und  dazu sich selbst, der kann nicht mein Jünger sein."
Es ist wichtig, daß wir  diese Worte nicht mißverstehen. Natürlich sollen wir nicht Ehepartner, Kinder  oder etwa unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit vernachlässigen. Sondern es geht um eine Entscheidungssituation. Eine Lage, die wir uns nicht suchen. Etwas, das auf uns zukommt, manchmal ganz unerwartet. Wo auf einmal eine ganz drängende Frage auftaucht, nämlich die Frage: Wer oder was ist das Wichtigste in deinem Leben? Wer ist die Nummer  Eins? Ist es dein Nachbar, mit all dem, was er über dich denkt? Die Kollegen? Die Freunde? Die Mitschüler? Oder gar: Ist es deine Frau? Deine Kinder? Deine Eltern? Oder - du selbst, mit deinen Wünschen? 
Der nächste Satz  macht deutlicher, an welche Entscheidungssituationen Jesus zunächst denkt: "Und wer  nicht mein Kreuz trägt und mir nachfolgt, der kann nicht mein Jünger sein."  Jesus denkt an besonders an solche Umgebungen, wo das Christsein einen die Freiheit oder  sogar das Leben kosten kann. So, wie es ihn, Jesus, auch das Leben gekostet  hat.
Ja, das gibt es noch heute. Nicht unbedingt in Deutschland. Wir erfahren das  meistens auch nicht in den Nachrichten. Schließlich machen wir mit  manchen dieser Länder gute Geschäfte: Sie liefern uns Öl, und wir ihnen dafür  teure Maschinen "Made in Germany". Da will man nicht so gern über unangenehme Sachen reden. Schließlich geht es um gute Geschäfte und Arbeitsplätze. Ja, das gibt es auch heute: Christen, die eingesperrt  werden. Christen, die von ihrer eigenen Familie bedroht werden, weil sie  Abtrünnige, "Ungläubige" sind. Hunderte von menschlichen Tragödien spielen sich in solchen Ländern ab, ohne daß wir etwas davon erfahren. Wer sich in  diesen Ländern taufen läßt, der hat es sich gut überlegt. Überlegt, daß mit dem  Christsein Kosten verbunden sind. Und sich entschieden: Entschieden, daß Jesus  ihm tatsächlich mehr wert ist als Ehre, Leib und Leben. Manchmal mehr, als die eigene Familie, die ihn jetzt verstoßen hat.  Obwohl das sehr, sehr weh tut. Ja, Jesus ist kostbar. Es lohnt sich, die Kosten  aufzubringen. "Wer sein Leben um meinetwillen verliert, der wird´s finden." (Matthäus 10,39). Wie Jesus an einer anderen Stelle sagt.

3. Entscheidung heute

So nötig es ist, sich über die verfolgten Glaubensgeschwister zu informieren. Für sie zu beten, die in solchen Entscheidungssituationen stehen. Sich für sie - wenn es mir möglich ist - auch politisch einzusetzen. Ebenso sehr haben solche Beispiele auch ihre Tücken. Und können dazu führen, daß wir alles sehr, sehr ernst und spannend finden. Aber eben auch sehr, sehr weit weg. Immerhin haben wir in unserm Land eine unerhört große Freiheit, unseren christlichen Glauben zu leben. Auch wenn wir nicht wissen können, wie lange noch.
Wo könnte das bei uns vorkommen. Daß einer unversehens in eine solche Lage kommt. Wo eine Entscheidung ansteht? "So auch jeder unter euch, der sich nicht lossagt von allem, was  er hat, der kann nicht mein Jünger sein." Nehmen wir diesen Satz einfach einmal ganz wörtlich. Dabei geht es um das, was man hat. Oder  kurz gesagt: Um das liebe Geld. Ja, manchmal werden hier die "Kosten der Jüngerschaft" geradezu  wörtlich. Manchmal kann es tatsächlich kostenintensiv sein, ein Jünger Jesu zu sein. Und ich meine damit nicht das Geld, das wir in der Kirche ins Kollektenkörbchen legen. Auch nicht unsere Kirchensteuern oder Monatsbeiträge. Christsein kann mich mein Geld kosten! Du glaubst das nicht?
Ich will ein Beispiel erzählen, das sich wirklich ereignet hat. Etliche Jahre zurück, aus meiner Studentenzeit. Lange genug her, daß weder Datenschutz noch Seelsorgegeheimnis verletzt werden...: Ein Student, den ich kenne,  bekommt ein Stipendium, eine finanzielle Unterstützung. Er freut sich über das  Geld - schließlich hat er während der Studienzeit kein eigenes Einkommen. Eines Tages wird dieser Student Christ. Er hätte das vorher nicht gedacht. Aber er beginnt, Jesus nachzufolgen  und ihm zu vertrauen. Er lernt Gottes Wort kennen. Jesus spricht ihm Mut zu und  trägt ihn. Und an einigen Stellen erlaubt sich Jesus auch, ihm in sein Leben  hineinzureden.
Eines Tages erinnert Jesus ihn daran, daß mit seinem Stipendium einige  Tricks und Schummelei verbunden waren. Daß er dem Geldgeber einige Dinge  verschwiegen hat - schließlich bekommt es ja doch keiner heraus, oder? Und wenn  er bei der Wahrheit geblieben wäre, hätte er ja schließlich auch lange nicht so viel  Geld bekommen. Aber Jesus erinnert ihn an den Willen Gottes: Du sollst  nicht falsch Zeugnis reden. Du sollst nicht stehlen. Und unversehens. Ungesucht. Kommt auf einmal eine Entscheidungssituation auf ihn zu. Und er hat sich zu fragen: Mache ich nun einen - vielleicht peinlichen - Gang zu meinem Geldgeber? Muß ich, kann ich dann alles zurückzahlen? Und die Frage Jesu wird zunehmend drängender: Wer ist dir wichtiger? Bin  ich es? Oder ist es dein Geld?
Wie ist die Geschichte nun ausgegangen? Nun, wie ich weiß. Hatte dieser Student tatsächlich eine Entscheidung getroffen. Er hatte sich entschieden. Gegen das Geld. Und für Jesus. Ja, das war hier wirklich die Alternative, so platt es klingen mag.  Gegen das Geld. Und für Jesus. Und er geht zum Geldgeber, und stellt die  falschen Angaben richtig. Es ist weniger peinlich, als er dachte. Aber er hat danach wohl über 2000 DM zurückzuzahlen. Keine Katastrophe. Aber doch eine  Menge Geld für einen Studenten, damals mehr als heute.
Jeder, der einmal verbindlich mit Christus gelebt hat, weiß es: Jesus ist kostbar. Im  Zweifelsfall ist er mir viel mehr wert, viel mehr als 2000 DM. Oder was auch immer gerade zur Debatte steht. Ja, weil Jesus so viel  wert ist für einen Christen, darum ist sein Wort hier so ernst. Darum redet er uns in unser Leben  hinein. Sogar in unsere Privatangelegenheiten. "So auch jeder unter euch, der  sich nicht lossagt von allem, was er hat, der kann nicht mein Jünger sein."  Christsein, Nachfolge, kann etwas kosten. Manchmal sogar bares Geld. Und ich  muß mich entscheiden. Wer weiß, was aus dem noch jungen Glauben des Studenten geworden wäre. Wenn er das Geld behalten hätte, gegen den erklärten Willen Jesu. Denken wir lieber nicht zu lange darüber nach...

4. Es gibt nichts Besseres

Das Erstaunliche ist: Ich habe von diesem Studenten nie gehört, daß er  seinen Schritt bereut hätte. Auch nicht davon, daß er zu wenig Geld zum Leben  hatte. Schließlich läßt Jesus seine Jünger nicht fallen. Was aber noch  erstaunlicher ist: Wenn man liest, wie verfolgte Christen über ihr Schicksal  berichten - solche, die für ihren Glauben nicht nur ein bißchen Geld, sondern  wirklich ihr Leben auf's Spiel gesetzt haben. Dann entdeckt man einen Grundton  in diesen Berichten: Eine große Dankbarkeit. Eine Dankbarkeit, daß man in all den Schwierigkeiten Gottes  Nähe und Zuwendung erlebt hat, in einer vorher noch nicht gekannten Weise.   
Einer dieser Berichte, ein Buch in meinem Bücherschrank, ist überschrieben mit einem Psalmwort: "Von  allen Seiten umgibst du mich".(Psalm 139,5) Der Buchautor kommt aus dem Iran. Er hat während  der Islamischen Revolution unter Chomeini seinen Sohn verloren. Und wurde  selbst fast ermordet. Weil er und seine Familie es gewagt hatten, in diesem  Land als überzeugte Christen, als Jünger Jesu, zu leben. Von allen Seiten umgibst du mich, Herr. Warum sagt einer ein solches Zeugnis nach so einer Erfahrung?
Wer entdeckt hat, wie  kostbar Jesus ist, der wird auch die Kosten der Nachfolge aufbringen. Wer entdeckt hat, wie Jesus es sich sein Leben kosten ließ. Um uns am Kreuz von Golgatha zu erlösen. Soviel waren wir ihm wert! Wer das entdeckt hat. Der wird auch seine Kosten aufbringen wollen. Und Jesus  damit einen Herzenswunsch erfüllen. Denn Jesus will keine Mitläufer. Sondern solche, die entdeckt haben. Entdeckt, daß er  kostbarer ist als alles Andere.
Was mache ich nun mit dieser Botschaft? Ich denke, sie kann durchaus Verschiedenes bedeuten: Wenn du jetzt gemerkt hast. Daß du gerade selbst, vielleicht ganz unversehens. Daß du jetzt in einer solchen Entscheidungssituation stehst. Dann überlege dir gut die Kosten. Vor allem denke an die Kosten, die Jesus für dich schon längst aufgebracht hat, am Kreuz. Und wenn du es dir überlegt hast. Dann geh zu Jesus im Gebet. Und rede mit ihm darüber.
Wenn du jetzt dagegen denkst. Das betrifft mich zur Zeit nicht, eine solche Entscheidung. Dann danke Jesus dafür, daß er dich davor bewahrt hat. Danke ihm. Und bete für diejenigen, die von Jesus in eine solche Entscheidung geführt werden. Für die, für die ein Leben mit Jesus etwas ganz Neues ist. Für die Christen, die eine unangenehme oder schwere Wahl zu treffen haben, die sich vielleicht von etwas lossagen müssen. Besonders bete aber für die verfolgten Glaubensgeschwister. Laßt uns die nicht vergessen! Damit wir alle zusammen bekennen können: Es gibt nichts Besseres als Jesus. Oder mit Paulus ausgedrückt: "Um seinetwillen ist mir das alles ein Schaden geworden, und ich erachte es für Dreck, damit ich Christus gewinne." Amen.

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