Ich aber habe für dich gebeten, daß dein Glaube nicht aufhöre

Predigt zum Jahreswechsel über die Jahreslosung 2005 aus Lukas 22,32

Lukas 22:31 (Jesus Christus spricht:) Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen. 32 Ich aber habe für dich gebeten, daß dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du dereinst dich bekehrst, so stärke deine Brüder. 33 Er aber sprach zu ihm: Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen. 34 Er aber sprach: Petrus, ich sage dir: Der Hahn wird heute nicht krähen, ehe du dreimal geleugnet hast, daß du mich kennst.

Liebe Geschwister,
das neue Jahr wird für unseren Glauben mit Sicherheit kein einfaches Jahr. Es warten schwere Prüfungen auf uns. Manche werden wir bewußt durchleben. Bei manchen werden wir auch hinterher noch nicht merken, wie gefährlich sie waren. Dennoch - brauchen wir davor keine Angst zu haben. Vor allem müssen wir keine Angst haben, wir könnten darüber an unserem Glauben irre werden. Denn Jesus Christus hat gesagt: Ich habe für dich gebeten, daß dein Glaube nicht aufhöre.

1. "Der altböse Feind mit Ernst er's jetzt meint"

Auch einen Christen kann mancherlei hart angehen, viele von uns haben es schon erlebt. Nöte, Schwierigkeiten, Ängste, Anfeindungen, Krankheiten, und manches andere sind die offensichtlichen Anfechtungen, mit denen wir zu tun haben. Und mit denen einige von uns auch im kommenden Jahr kämpfen müssen. Wir brauchen das wohl kaum näher zu beschreiben - höchstens für die, denen es an dieser Stelle z.Zt. gut geht, damit sie Fürsorge und die Fürbitte für die anderen nicht vergessen. Wenn ich nun sage: das neue Jahr wird kein einfaches Jahr für unseren Glauben. Dann meine ich nicht: Jeder von uns wird solche Anfechtungen durchleben. Gott sei Dank - so ist es nicht. Wir haben keinen Anspruch darauf, daß wir verschont bleiben - aber unser Herr ist hier immer wieder sehr viel barmherziger zu uns, als wir es verdient hätten. Vielen von uns wird es - zumindest in dieser Hinsicht - vielleicht besser gehen, als sie gedacht hatten. Wie gesagt - vergessen wir die anderen nicht, in Fürbitte und Fürsorge.
Ich weiß aber auch nicht, ob - vom geistlichen Standpunkt aus gesehen - diese Nöte die größten Anfechtungen sind, die auf uns warten können. Wie ist es denn Petrus ergangen? Dem Jesus zuerst dieses Wort gesagt hat? Daß er kurz danach Jesus verleugnet hat, wissen wir. Vielleicht war etwas anderes aber noch viel schlimmer - ich meine die Zeit nach der Kreuzigung Jesu. Nachdem Petrus seinen ersten Schreck überwunden hatte, tat er etwas höchst Verständliches - und auf seine Weise Schockierendes: Er ging zur Tagesordnung über. Im Johannesevangelium (Johannes 21) wird berichtet, wie er wieder anfängt mit seinem Handwerk, dem Fischfang. Könnt ihr euch das vorstellen? Ein Mensch, der drei Jahre lang auf engstem Raum mit Jesus zusammen war? Viel mit ihm erlebt hat? Der lebt jetzt weiter, so als ob er Jesus nie begegnet wäre? Vielleicht war ihm nicht einmal bewußt, was er hier tut. Ob es das heute auch gibt? Menschen, die über kurz oder lang einfach so weiterleben, als wären sie Jesus nie begegnet? Obwohl sie schon eine Lebensgeschichte mit Jesus hinter sich haben?
Daß hier der Teufel am Werk ist, hat Jesus schon bei anderer Gelegenheit erklärt. Im Gleichnis vom vierfachen Ackerfeld (Matthäus 13:18-23) beschreibt er, wie das Wort Gottes nur bei einigen Wenigen auf fruchtbaren Boden fällt. Und wie bei anderen der Feind Gottes höchst aktiv ist. Ja, wenn Jesus hier dem Petrus sagt, er wird gesiebt wie der Weizen. Dann muß man dieses Bild gut erklären. Immerhin wurde der Weizen  stark gerüttelt und geschüttelt beim Sieben. Das kann man bei offensichtlichen Anfechtungen wie z.B. einer schweren Krankheit noch gut verstehen - diese Stöße fühlt man nur allzu gut.
Offensichtlich gibt es aber auch ein "Rütteln und Schütteln" des Glaubens, bei dem der Betreffende zunächst gar nichts merkt. So wie Petrus, der nach der Kreuzigung wieder zur Tagesordnung übergegangen ist - als wäre er Jesus nie begegnet, hätte nie sein Wort gehört. Es ist ein sehr komfortables "Sieben", mit Polsterung und Federn. Du fühlst dich nicht unbedingt schlecht dabei - denn es geht zunächst schleichend. Du gehst vielleicht ein, zweimal nicht zum Gottesdienst. Zur Bibelstunde schon lange nicht mehr. Auch deine Gebetszeiten am Morgen werden kürzer. Allein für dich in der Bibel lesen - fällt schon lange unter den Tisch. Und du merkst: Scheinbar geht es mir wirklich nicht schlechter als vorher, nein, es geht mir sogar hervorragend dabei. Es gibt ja so viel Interessantes anderes im Leben. Ja - du gehst mehr und mehr zur Tagesordnung über. So, als ob du Jesus und seinem Wort nie begegnet wärst.
Hier ist wirklich der Teufel am Werk. Er kommt nicht mit Schwefelrauch und Hörnern, er schickt dir keine Not oder Krankheit - sondern er macht es dir komfortabel. Es geht dir dabei oft nicht schlecht - aber, geistlich gesehen, bist du in Lebensgefahr. O ja - wenn hier nicht Jesus auf dem Plan wäre, hätten wir keine Chance. Unser Glaube wäre am Schluß des neuen Jahres keinen Pfifferling mehr wert. "Der altböse Feind, mit Ernst er's jetzt meint, groß Macht und viel List sein grausam Rüstung ist, auf Erd ist nichts seinsgleichen." So singen wir im Lied. (Gesangbuch der EmK 366,1) Ob wir dem ganz realistisch ins Auge sehen können?

2. Unsere Rettung - ein "Vertrag" zwischen Gott und Mensch?

Es hat einen guten Grund, warum Jesus schon damals dem Petrus gesagt hat: Ich habe für dich gebeten, daß dein Glaube nicht aufhöre. Petrus hatte diese Gebet bitter nötig - auch wenn er selbst ganz anderer Meinung war! Und wir sind in keiner anderen Lage, wahrlich nicht.
Leider ist immer noch - gerade unter ernsthaften Christen - ein Bild vom Glauben verbreitet, das einem hier wirklich den Mut nehmen kann. Diese Geschwister stellen sich den Glauben vor wie eine Art Pakt, einen Vertrag, der zwischen mir und Gott geschlossen wird. Natürlich geht Gott bei diesem Vertrag "in Vorleistung", wie man in der Geschäftswelt sagen würde: Er schickt seinen Sohn auf die Erde, er gibt ihn ans Kreuz, er weckt ihn von den Toten auf, er schickt den Heiligen Geist. Ja - Gott erfüllt natürlich seinen Teil dieses Paktes in jedem Fall. Er schafft alle Voraussetzungen für deine Erlösung. Aber jetzt, liebe Seele: Jetzt bist du "dran", und hast deinen Teil zu erfüllen. Du mußt nämlich glauben. Du mußt es auf irgendeine Weise - wie, das sagt dir leider keiner genau. Du mußt deine Seelenkräfte bündeln, dich zusammennehmen, und mit aller Kraft glauben. Glauben an Jesus und an seine Erlösung. Wenn du diesen Teil des Vertrags erfüllst - dann geht die Sache auf. Der Pakt wird wirksam, und du kommst einmal in den Himmel.
Es klingt so logisch, so gerecht. Kann das falsch sein? Auf den ersten Blick sieht man gar nicht  die Haken und Ösen daran. Eines ist sicher: Jesus hätte sich sein Gebet für Petrus sparen können - oder? Schließlich würde der Glaube ja nicht auf die göttliche Seite dieses Vertrags fallen. Lieber Petrus - du bist wieder zu deinen Fischerbooten zurückgegangen, zur Tagesordnung übergegangen? Du bist vertragsbrüchig geworden? Obwohl ich alles für dich getan habe? Dir kann wahrlich keiner mehr helfen. Du wirst zur Hölle fahren, und zwar aus eigener Schuld. Wir wissen, daß es nicht so gekommen ist - Gott sei Dank. Deshalb:

3. Unser Glaube - eine Gebetserhörung

Warum beten wir eigentlich? Ein Landwirt, der um eine gute Ernte betet, weiß, daß er fleißig sein Feld bestellen muß. Aber wenn es ein gläubiger Landwirt ist, dann weiß er auch: Letztlich ist an Gottes Segen alles gelegen - nicht nur etwas, sondern alles. Er wird nicht denken: Eigentlich war ich es, mit meinem Einsatz und meiner Arbeit. Sondern er war es, der Herr, der Wachstum und Gedeihen schenkt. Dieser Zusammenhang ist gläubigen Menschen so sehr in Fleisch und Blut übergegangen, daß der Apostel Paulus ihn sogar als Bild nimmt für die Gemeindearbeit, für die Verkündigung von Gottes Wort (1. Korinther 3:6+7): "Ich habe gepflanzt, Apollos hat begossen; aber Gott hat das Gedeihen gegeben. So ist nun weder der pflanzt noch der begießt etwas, sondern Gott, der das Gedeihen gibt."
Jesus betet hier um etwas noch Wichtigeres als um eine gute Ernte: Er betet für unseren Glauben. Immerhin geht es dabei nicht nur um volle Scheunen, und genug zum Essen. Sondern es geht um unser ewiges Heil. Es geht um Himmel oder Hölle, um Tod oder Leben. Kein Wunder, daß er es Petrus so sehr einschärft, bevor er seinen letzten Gang nach Golgatha geht: Ich habe für dich gebetet, damit dein Glaube nicht aufhört - vergiß das nur nicht! Ich habe gebetet, daß er nicht aufhört - komme was wolle. Daß er nicht aufhört - ob du nun in große, spürbare Not gerätst. Oder ob du mich einfach aus den Augen verlierst, und wieder so lebst, als ob du mir nie begegnet wärst. Ich habe für deinen Glauben gebetet! Und - Geschwister - denkt ihr, der Vater im Himmel würde Jesus so eine Bitte abschlagen? Wenn er für deinen Glauben betet?
Wenn du also fragst: Wie kommt es, daß ich an Jesus glauben kann? Wie kommt es, daß mein Glaube bis heute nicht aufgehört hat? Dann ist die Antwort: Das Ganze ist eine Gebetserhörung. Und es war nicht irgendein Beter. Sondern es war der Sohn Gottes selbst, der für dich gebeten hat. Sag selbst: Wie paßt da noch die Vorstellung von einem Pakt, von einem Vertrag hinein? Den du angeblich mit Gott schließen, und auch einhalten mußt? Nein, deine Erlösung ist tatsächlich allein Gottes Werk - vom Anfang bis zum Ende. Auch dein Glaube gehört zu diesem Werk Gottes dazu.
Im Johannesevangelium wird uns für ein kurzes Stück ein Einblick gewährt, in diese geheimnisvollen Zusammenhang. Im 17. Kapitel, dem berühmten Hohenpriesterlichen Gebet,  sehen wir, wie Jesus für uns beim Vater Fürsprache einlegt. "6 Ich habe deinen Namen den Menschen offenbart, die du mir aus der Welt gegeben hast. Sie waren dein, und du hast sie mir gegeben, und sie haben dein Wort bewahrt. ... 9 Ich bitte für sie und bitte nicht für die Welt, sondern für die, die du mir gegeben hast; denn sie sind dein. ... 15 Ich bitte dich nicht, daß du sie aus der Welt nimmst, sondern daß du sie bewahrst vor dem Bösen." Und das waren nur einige ausgewählte Sätze aus diesem Gebet. Es lohnt sich, in einer stillen Stunde einmal dieses Kapitel Johannes 17 unter dieser Überschrift zu lesen: Ich habe für dich gebeten, daß dein Glaube nicht aufhört. Man kann dabei so manche Entdeckung machen. Ja, der Vater im Himmel hat dieses Gebet schon oft erhört, dieses Gebet um unseren Glauben. Seit 2000 Jahren, seit es die christliche Kirche gibt, betet Jesus für für den Glauben seiner Gemeinde, für jeden einzelnen. Und Gott, unser Vater, erhört dieses Gebet bis heute.
Nun könnte ein spitzfindiger Mensch einwenden: Sollen wir dann als Christen gar nichts tun im kommenden Jahr, nur die Hände in den Schoß legen, und für unseren Glauben bitten lassen? Natürlich sollst du nicht untätig sein. Denk' an den Landwirt: nur schlechte Landwirte legen sich neben ihrem Traktor ins Gras, und starren den Wolken im Himmel nach - anstatt ihr Feld zu bearbeiten. Genug zu tun gibt es für uns Christen im kommenden Jahr: im täglichen Gehorsam gegen Gottes Wort, in der Familie, im Beruf, in der Arbeit für Gottes Reich in der Gemeinde. Nein - untätig sein wollen wir nicht.
Aber wir wollen bei all dem immer daran denken: Daß ich auch Ende 2005 immer noch im Glauben stehe. Das ist allein Gottes Werk. Das ist allein diese wunderbare Gebetserhörung, auf die Bitte unseres Herrn Jesus Christus hin. Diese Bitte wurde damals für Petrus erhört. Und sie wird auch heute für deinen Glauben erhört. Deshalb können wir wirklich getrost ins kommende Jahr gehen. Nicht, weil es immer eitel Sonnenschein geben wird. Nicht, weil wir die Angriffe des Teufels nicht ernst nehmen müssen. Nicht deshalb. Aber wegen dieser Bitte unseres Herrn: Ich aber habe für dich gebeten, daß dein Glaube nicht aufhöre. Amen.

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