Jesus allein - Predigt über Markus 9,2-9
2 Und nach sechs Tagen nahm Jesus mit
sich Petrus, Jakobus und Johannes und führte sie auf einen hohen
Berg,
nur sie allein. Und er wurde vor ihnen verklärt; 3 und seine
Kleider
wurden hell und sehr weiß, wie sie kein Bleicher auf Erden so
weiß
machen kann. 4 Und es erschien ihnen Elia mit Mose, und sie redeten mit
Jesus. 5 Und Petrus fing an und sprach zu Jesus: Rabbi, hier ist
für
uns gut sein. Wir wollen drei Hütten bauen, dir eine, Mose eine
und
Elia eine. 6 Er wußte aber nicht, was er redete; denn sie waren
ganz
verstört.
7 Und es kam eine Wolke, die
überschattete
sie. Und eine Stimme geschah aus der Wolke: Das ist mein lieber Sohn;
den
sollt ihr hören! 8 Und auf einmal, als sie um sich blickten, sahen
sie niemand mehr bei sich als Jesus allein. 9 Als sie aber vom Berge
hinabgingen,
gebot ihnen Jesus, daß sie niemandem sagen sollten, was sie
gesehen
hatten, bis der Menschensohn auferstünde von den Toten.
Liebe Gemeinde,
Jesus möchte, dass wir auf niemanden schauen als auf ihn allein.
Nichts und niemand soll uns von ihm ablenken.
1. "Wir wollen drei Hütten bauen"
"Rabbi, hier ist gut für uns sein. Wir wollen drei Hütten
bauen, dir eine, Mose eine, und Elia eine." Was ist das nur für
ein seltsamer Satz, den Petrus hier sagt! Ja, er war ganz verstört
und wußte nicht genau, was er da eigentlich sagte. Aber ich
denke, man kann noch viel mehr darin sehen, als nur das: Petrus war
einfach völlig durcheinander und redete Unsinn, denn er hat diese
außergewöhnliche Erscheinung einfach nicht verkraftet.
Nein - Petrus wußte genau, wer Mose war: Mose hatte seinem Volk
das Gesetz Gottes gegeben. Seitdem wußte man in Israel, was Gott
wollte. Auch Elia war kein Unbekannter: Mutig, unter Einsatz seines
eigenen Lebens, rief dieser Prophet Israel zur Buße. Zurück
zum Gesetz Gottes - weg von einem verkehrtem Leben! - Und Petrus kannte
auch Jesus. Wieviel er von ihm wohl schon gelernt hat über Gott,
seit der Zeit, seit er mit Jesus mitgezogen ist. Ehrfurchtsvoll nennt
er Jesus hier "Rabbi", Meister.
Drei Hütten - drei Leute, mit denen Petrus hier gern zusammensein
möchte. Drei große Männer, die jeder für etwas
Besonderes stehen. Ich möchte es gern einmal auf uns anwenden -
drei Männer, für drei ernsthafte Vorsätze: Da ist zum
ersten Mose, als Grundlage: Mose steht für das Wort Gottes. Ja,
das nehme ich mir vor, ab sofort. Ich will regelmäßig in der
Bibel lesen. Ich will darin studieren. Ich will mich nicht mehr mit dem
zufriedengeben, was ich früher einmal gelernt habe - ich will
weiterkommen. Und wenn es Zeit und Arbeit kostet. Da ist zum zweiten
Elia: Ja, ich will nicht nur Hörer des Wortes sein, sondern auch
Täter. Ich will umsetzen, was ich gelesen und gehört habe.
Ich will ernst machen mit einem christlichen Leben. Ja, und da ist zum
dritten Jesus, als "Meister", als Rabbi. Jesus soll mein
unumschränkter Herr und Meister sein. Ich will keine Kompromisse
mehr machen. Ich will ihm folgen, auch wenn es schwer wird. Herr, ab
heute gehöre ich dir ganz, ich will mich dir ganz hingeben. Das
sollen ab sofort die drei Säulen meines Glaubens sein. Ja, da ist
"gut sein". Das wird ein herrliches, gesegnetes Leben werden - mit
Mose, Elia, und Jesus.
Ob Petrus damals ähnliche Gedanken durch den Kopf gegangen sind?
Es steht nicht hier. Aber eines steht hier. Gott tut etwas ganz
Überraschendes: "Das ist mein lieber Sohn, den sollt ihr
hören." So sagt Gott. Und plötzlich ist Mose weg, der
für das Wort Gottes steht, für seinen Willen. Plötzlich
ist Elia weg, der zur ernsthaften Umkehr des ganzen Lebens gerufen hat.
Und sie sehen nur noch Jesus allein. Was wollte Gott ihnen damit sagen?
2. Der Mann, der auszog, in seinem Herzen aufzuräumen
Ich möchte gern ein Märchen erzählen, von einem Mann,
der auszog, in seinem Herzen aufzuräumen. Dieser Mann verstand
etwas vom Gartenbau. Und nachdem er schon länger das Wort Gottes
gehört hatte, dachte er: Mit meinem Herzen ist es eigentlich wie
mit einem Stück Land, wo gute Früchte wachsen sollen. Ich
will anfangen, dieses Land aufzuräumen. Und er fing an, all das
Unkraut auszureißen und all die großen Steine aus dem Acker
herauszuholen. "Kein Raum für die Sünde mehr! Gottes Wort
soll Platz haben. Es soll auf guten Boden fallen und wachsen." Und er
dachte an Mose, und an das Wort Gottes, und er vertiefte sich immer
mehr in der Bibel. Ich möchte es wissen, ich will ernsthaft nach
dem Willen Gottes suchen!
Und der Mann ackerte und schwitzte, und dachte: Jetzt sieht es schon
ganz ordentlich aus. - Aber eines Tages, da entdeckte er im Boden viele
ganz kleine, feine Steine. "Ob ich bisher nicht richtig hingeschaut
habe? Ich war nachlässig in meiner Arbeit! Auch die feinen
Sünden will ich ausrotten, herausholen aus meinem Herzen. Sobald
ein böser Gedanke kommt, will ich ihn abwehren. Sobald mein Blick
von Jesus abgelenkt wird durch meine Tagesgeschäfte, will ich ins
Gebet fliehen. Weg mit den kleinen, feinen Steinen, die das Wort Gottes
am Wachsen hindern!" Und der Mann dachte an Elia. Ganze Hingabe!, hatte
der gepredigt. Gott zuerst, und keiner außer ihm! Jawohl, so soll
es sein.
Und er grub, und mühte sich. Schließlich nahm er ein Sieb,
und begann, die Erde durchzusieben, daß nicht die kleinsten
Steine übrigblieben. Zwischendurch, wenn er sich auf seinen Spaten
stützte und verschnaufte, schaute er erschöpft auf das
bestellte Land. Ob schon alles rein und heilig war? Ob Jesus einen
guten, aufgeräumten Platz fand in seinem Herzen?
Der Mann griff zum Spaten, und er grub immer entschlossener. Er grub
wild, und manchmal grub er verzweifelt. Bis es eines Tages soweit war:
Der Spaten gab ein häßliches Geräusch von sich, und
dann ging nichts mehr. Er war auf einen Felsblock gestoßen! Unter
seinem guten Land, das er so mühevoll gesiebt hatte, da war ein
massiver Block. Alles Mühen war umsonst! Hier kam er nicht weiter.
Was war es nur, das er in seinem Herzen gefunden hatte? Und ihm fiel
ein, wie er ihm bei seinen langen Gebeten oft die Gedanken
abschweiften. Wie er an alltägliche Dinge dachte, wenn er in der
Bibel las. Und manchmal, wenn er ehrlich war - da spürte er eine
richtige Kälte gegen Gott in seinem Herzen. Und er war neidisch
auf seinen Nachbarn, der seinen Ackerbau so leicht nahm und der immer
so fröhlich war.
Ihm fiel ein Bibelvers ein, den er bis dahin nie begriffen hatte: "Denn
ich weiß, daß in mir, das heißt in meinem Fleisch,
nichts Gutes wohnt. Wollen habe ich wohl, aber das Gute vollbringen
kann ich nicht." (Römer 7,18) Und auf einmal verstand er, warum
der große Apostel Paulus so von seinem Herzen reden konnte.
Obwohl er ein vorbildlicher Christ war. Und der Mann verstand, was
für einen Felsblock die Christenmenschen immer noch in ihrem
Herzen haben.
3. Niemanden sehen als Jesus allein
Ja, diesem Mann möchten wir gern von Mose, von Elia, und von Jesus
erzählen. Wie hat er sich nur abgemüht! Ach, daß Gott
ihm doch seine Last abnimmt! Ach, daß er ihm doch Mose und Elia
aus dem Blick nimmt. Damit er nur noch Jesus allein sieht! Nein, mein
Glaube steht nicht auf "drei Grundlagen". Nein, auch nicht die ganze
Hingabe an Jesus macht aus. Nein, nicht einmal - meine Reue über
meine Sünden. Mein ernster Wille, mit der Sünde zu brechen.
All das ist es nicht, was mich angenehm in den Augen Gottes macht. So
werde ich nie fertig mit dem "Felsblock in meinem Herzen". In einem
alten Heilslied heißt es (z.B. in: Sein Ruhm unsere Freude Nr.
244): "Dein Weinen und deine Gebete sind´s nicht, wodurch du mit
Gott wirst versöhnt; das Blut deines Heiland befreit vom Gericht,
er ist´s, der mit Gnade dich krönt." Und es geht weiter:
"Sieh, sieh, Sünder sieh! Wer Jesus am Kreuze im Glauben erblickt,
wird heil zu derselbigen Stund." Es ist, als ob der Liedvers direkt aus
unserem Text genommen wäre: "Und als sie um sich blickten, sahen
sie niemand mehr bei sich, als Jesus allein."
Ein Pfarrer und Missionar, den ich vor langer Zeit kennen gelernt habe,
der sagte einmal, dass viele Christen eigentlich zwei Bekehrungen
erleben: zuerst die Bekehrung zum Pharisäer, und dann die
Bekehrung zum Sünder. Die Bekehrung zum Pharisäer: Das ist
die Zeit von Mose und Elia. Es ist die Zeit, wenn ich mich
entschließe, "ganze Sache" mit Jesus zu machen. Wenn ich ihm mit
allem Ernst nachfolgen will. Wenn nichts, auch nicht die "kleinsten
Steinchen" in meinem Herzen bei Gott Anstoß erregen sollen. Das
geht gut bis zu dem Tag, an dem ich auf den Felsblock stoße. Und
erkenne, wie es in meinem christlichen Herzen wirklich aussieht. Werde
ich nun verzweifeln? Decke ich einen Mantel des Schweigens über
alles und tue so, als ob der Felsblock nicht da ist?
Oder erfahre ich meine zweite Bekehrung: Die Bekehrung zum Sünder?
Die Bekehrung zum Sünder: Wenn ich zum ersten Mal - obwohl ich
schon so lange ein Christ sein will! Wenn ich zum ersten Mal so vor
Jesus trete, wie ich wirklich bin: Als ein sündiger, armseliger
Christ. Als einer, der allen christlichen Glanz verloren hat. Nein -
das ist für Jesus wirklich kein schöner Anblick. Aber wer von
uns bietet schon einen schönen Anblick für Jesus? Wenn er
ehrlich ist? Schließlich ist Jesus gekommen, die Sünder zu
rufen, und nicht die Gerechten. "Sieh, sieh, Sünder sieh!"
Was für eine herrliche Zeit kann dann beginnen, nach der Bekehrung
zum Sünder. Endlich die herrliche Freiheit der Kinder Gottes
erfahren! Endlich in Empfang nehmen, was Gott für mich bereitet
hat! Und ich brauche mich nicht mehr zu quälen mit der Frage, ob
ich genug für Jesus getan habe, ob ich ernsthaft genug in seiner
Nachfolge stand. Nein, er hat alles vollbracht, wirklich alles. "Wer
Jesus am Kreuze im Glauben erblickt, wird heil zu derselbigen Stund."
Was für eine herrliche Zeit: Jetzt brauche ich mich nicht mehr
ängstlich zu fragen, ob ich es schaffe, dabeizubleiben, ob
ich im Glauben durchhalten werde. Nein, er hält mich. Weg mit Mose
und Elia, ich will auf Jesus allein sehen! Nein, ich will auch nicht
mehr ruhelos suchen nach immer größerer Vollkommenheit, nach
dem perfekten christlichen Leben. Endlich kommt mein Herz zur Ruhe,
denn Jesus ist für mich alles. "Und auf einmal, als sie um sich
blickten, sahen sie niemand mehr bei sich als Jesus allein." Mehr
brauche ich nicht. In ihm bin ich geborgen. Deshalb, ihr Lieben,
laßt uns die herrliche Freiheit der Kinder Gottes erfahren. Wir
wollen auf Jesus allein sehen. Und auf sonst nicht. Amen.
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