Was ist Segen?

Predigt über 5. Mose 28,1-6+15-19

1 Wenn du nun der Stimme des HERRN, deines Gottes, gehorchen wirst, daß du hältst und tust alle seine Gebote, die ich dir heute gebiete, so wird dich der HERR, dein Gott, zum höchsten über alle Völker auf Erden machen, 2 und weil du der Stimme des HERRN, deines Gottes, gehorsam gewesen bist, werden über dich kommen und dir zuteil werden alle diese Segnungen: 3 Gesegnet wirst du sein in der Stadt, gesegnet wirst du sein auf dem Acker. 4 Gesegnet wird sein die Frucht deines Leibes, der Ertrag deines Ackers und die Jungtiere deines Viehs, deiner Rinder und deiner Schafe. 5 Gesegnet wird sein dein Korb und dein Backtrog. 6 Gesegnet wirst du sein bei deinem Eingang und gesegnet bei deinem Ausgang. ...
15 Wenn du aber nicht gehorchen wirst der Stimme des HERRN, deines Gottes, und wirst nicht halten und tun alle seine Gebote und Rechte, die ich dir heute gebiete, so werden alle diese Flüche über dich kommen und dich treffen: 16 Verflucht wirst du sein in der Stadt, verflucht wirst du sein auf dem Acker. 17 Verflucht wird sein dein Korb und dein Backtrog. 18 Verflucht wird sein die Frucht deines Leibes, der Ertrag deines Ackers, das Jungvieh deiner Rinder und Schafe. 19 Verflucht wirst du sein bei deinem Eingang und verflucht bei deinem Ausgang.

Liebe Geschwister,
was ist eigentlich Segen? "An Gottes Segen ist alles gelegen", so heißt es. Aber was kann man sich unter "Segen" vorstellen? Und: wie komme ich zu diesem Segen? Wie bleibt der Segen bei mir?

1. Segen ist etwas "zum Anfasssen"
Stadt, Acker, Kinder (Frucht deines Leibes), Vieh, Korb und Backtrog. So heißt es hier. Lauter praktische Dinge, eben etwas "zum Anfassen". Darum geht es beim Segen. Segen ist durchaus etwas Sichtbares. Etwas, das man "vorzeigen" kann. Wenn wir in unserem Glauben immer wieder - zu Recht! - über unsere Zukunft. Über die Rettung. Das Heil. Wenn wir über solche "jenseitigen" Dinge reden. Dann ist Segen die ganz und gar "diesseitige" Seite unseres Glaubens. Wenn wir über Segen reden, dann reden wir darüber, wie es uns jetzt und heute ergeht. In unserem täglichen Leben.
Es ist wichtig, daß wir diese Seite nicht vergessen. Wenn wir über Gott reden, dann reden wir - auch - über das "Diesseits". Auch damit hat Gott zu tun. Deswegen hat unser Glaubensbekenntnis auch drei Teile. Und es fängt an mit: ich glaube an Gott, den Vater, den Allmächtigen. Den Schöpfer des Himmels und der Erde. Wenn wir über Segen reden, dann reden wir über den, von dem wir schon im ersten Kapitel der Bibel lesen( 1. Mose 1,28)" Und Gott segnete sie und sprach zu ihnen: Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die Erde und machet sie euch untertan und herrschet über die Fische im Meer und über die Vögel unter dem Himmel und über das Vieh und über alles Getier, das auf Erden kriecht."
Es ist gut, wenn man nicht nur auf die Dinge schaut, über die man sich Sorgen macht. Liebe Geschwister: Wo haben wir in letzter Zeit Segen erfahren? Schauen wir, was hier alles aufgezählt wird: "Gesegnet sei dein Korb und dein Backtrog." Ich will als Beispiel nur daran erinnern, daß wir beim Thema "Lebensmittel" nicht nur über die BSE-Krise und steigende Rindfleischpreise zu reden haben. Die Regale in den Geschäften biegen sich. Und wer etwas in der Welt herumkommt. Der wird sehen: in kaum einem Land sind Lebensmittel so günstig und reichhaltig zu haben wie bei uns- im Vergleich zum Einkommen. Unser "Korb und Backtrog" ist wirklich gesegnet. "Gesegnet wird sein die Frucht deines Leibes." Wo haben wir Freude gehabt an unseren Kindern oder Enkeln? Es ist wirklich ein Segen, daß wir sie haben. Wo haben wir schönes erlebt mit unserem Ehepartner? Auch das können wir zu diesem Segen zählen. "Gesegnet seist du auf dem Acker." Ja, es ist wirklich ein Segen, wenn ich eine Arbeitsstelle haben kann. Gerade bei uns wissen viele aus schmerzlicher Erfahrung: das ist heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr. "Gesegnet wirst du sein in der Stadt." Man kann viel darüber schimpfen, was "die da oben" sich wieder einmal ausgedacht haben. Aber es ist ohne Zweifel auch so: auch in unserer Stadt, in Eibenstock, in Wildenthal, in Carlsfeld, in Steinbach. Da gibt es so manches, wo es vorwärts geht. Wo es besser aussieht als noch vor Jahren. Es ist wirklich ein Segen.
Man könnte noch viele andere Beispiele aufzählen. Und vielleicht könnte mancher von uns hier noch ganz persönliche Dinge hinzufügen: Es lohnt sich, immer wieder darüber nachzudenken: Wo hat Gott mich ganz persönlich gesegnet? Gott hat tatsächlich sehr viel mit unserem "Diesseits" zu tun. Er ist immer noch der allmächtige Schöpfer. Und es ist gut, wenn wir unter seinem Segen leben. Aber laßt uns noch weiter gehen. Denn es sind noch längst nicht alle Fragen beantwortet - was es mit dem Segen auf sich hat.

2. Segen ist etwas anderes als die Rettung, als das Heil durch unseren Herrn Jesus Christus
Sobald man über das Diesseits spricht. Darüber, wie Gott damit zusammenhängt. Und über seinen Segen. Sobald man darüber spricht. Kommen sehr schnell zwei Fragen auf. Die erste Frage bezieht sich auf mich selbst, und sie kommt manchmal aus großer Not und Anfechtung: Wenn Gott segnet, warum geht es mir dann so schlecht? Warum segnet er mich nicht? Ich vertraue auf Jesus, ich versuche ihm nachzufolgen - hat Jesus mich verlassen? Und die andere Frage ist manchmal nicht weniger schwer: Warum geht es manchen Gottlosen so gut? Warum sind sie gesegnet - obwohl sie offensichtlich nicht nach Gott fragen?
Ich möchte zunächst gar nicht die "Warum?"-Frage beantworten. Sondern auf einen anderen Zusammenhang hinweisen: Genauso, wie das Glaubensbekenntnis in drei Teile geteilt ist. Und nicht nur vom Schöpfer. Sondern auch von Jesus und vom Heiligen Geist redet. Genauso haben wir sehr gut zu unterscheiden und zu unterteilen, welche Art von Wohltaten uns Gott schenkt. "Segen" ist etwas völlig anderes als "Heil", als Rettung! Diese beiden Sachen dürfen wir auf keinen Fall durcheinandermengen. Sonst kommen wir auf die schwierigsten, manchmal absonderlichsten Ideen. Was es mit unserem Glauben auf sich hat.
Ich will es einmal an zwei extremen Beispielen klarmachen: am "reichen Kornbauern" und an Hiob. Der reiche Kornbauer ist ein gutes Beispiel für einen gesegneten, glücklichen Menschen. Er war mit sich und der Welt rundum zufrieden, es ging ihm gut. Und doch ist er das "Paradebeispiel" dafür, wie man mit vollem Bankkonto, strotzend vor Gesundheit und Glück - direkt zur Hölle fahren kann. Vielleicht denken wir auch an die zehn Aussätzigen: Jesus hatte sie alle mit Gesundheit gesegnet. Und trotzdem kehrte nur einer um, um sich bei Jesus zu bedanken. Wenn ich gesegnet bin - ist das noch lange keine Garantie dafür, daß mein Verhältnis zu Jesus in Ordnung ist. Daß ich gerettet bin. Daß mir meine Sünden vergeben sind. Nein - wenn Gott mich segnet. Dann will er vielmehr, daß ich nach mehr suche. Nach mehr als nur Diesseitigkeit und Lebensglück. Dann will er mich anhalten - daß ich Rettung für die Ewigkeit suche. Was mache ich aus seinem Segen?
Schauen wir - ganz im Gegenteil - Hiob an. Gott hatte seinen Segen vor ihm für eine lange, schmerzliche Zeit verborgen. Ich sage bewußt - verborgen. Denn wir wissen, wie es dann gut ausgegangen ist. Sogar Hiobs Freunde sagten ihm sinngemäß: Gott hat dir all seinen Segen entzogen. Daraus können wir nur eines schließen: Sicher hat er dich verlassen, weil du gesündigt hast. Aber wir sehen auch, wie Hiob der einzige ist, der im Gegensatz zu seinen Freunden - Gott schließlich die Ehre gibt. Er denkt auch nicht daran, auf seine Frau zu hören, die ihm rät: Sage Gott ab und stirb. Er will von Gott nicht lassen - weil Gott nicht von ihm läßt. Das gibt es bis heute: gläubige Menschen, die in großer Not stecken. Wo Gott seinen Segen verborgen hat. Aber sie stehen trotzdem im Heil. Sie wissen um ihren Heiland, der ihre Sünden getragen hat. Segen und Heil - das sind zwei ganz verschiedene Sachen. Zwei ganz verschiedene Wohltaten, die Gott uns schenkt. Halten wir das gut auseinander - und suchen wir zuallerst sein Heil, und dann erst den Segen.

3. Segen kann man sich nicht verdienen - aber Gott fragt nach unserem Gehorsam
Nein, Segen kann man sich wirklich nicht verdienen, die Ursache ist allein seine Gnade: Gott, sei uns gnädig und segne uns (Ps 67,2), so beten sie im Psalm. Da gibt es bei Gott immer einen "Überschuß" an vorlaufender Gnade, sonst wäre es schlecht um uns bestellt: Er handelt nicht mit uns nach unseren Sünden und vergilt uns nicht nach unserer Missetat. (Ps 103,10) Gott sei Dank!
Und doch gibt es in der Bibel einen eindeutigen Zusammenhang zwischen dem Segen Gottes und unserem Gehorsam. Unserem Gehorsam gegen sein Wort. Das Leben besteht nicht nur aus extremen Beispielen wie dem reichen Kornbauern und Hiob. "Weil du der Stimme des Herrn, deines Gottes, gehorsam gewesen bist, werden über dich kommen alle diese Segnungen." Und: "Wenn du aber nicht gehorchen wirst ... so werden alle diese Flüche über dich kommen und dich treffen." Oder anders ausgedrückt: Wer Gott gehorsam ist, der wird sehen: auf lange Sicht fährt er damit am besten, er darf auf Segen hoffen. Und: wer im Ungehorsam bleibt, der sollte sich in acht nehmen - vor Gott.
Eines der besten Beispiele in der Bibel ist sicher König David: Sein ganzes Leben lang verbrachte er mit Gott. Er hatte "das Heil ergriffen", wie wir auch sagen könnten. Gott ließ ihn nicht fallen. Und doch erlebte er beides: Gehorsam und Segen, Ungehorsam und Fluch. Wie schwer wurde er von Gott gezüchtigt, nach seinem Ehebruch und seinem Mord: Gott vergab ihm seine ganze Schuld, und er verstieß David nicht. Aber Gott nahm David in schwere Zucht - und es mußte sogar sein Kind darüber sterben.
Nicht jeder Ungehorsam ist so schwerwiegend wie bei David. Und nicht immer ist Gottes Zucht so hart. Aber auch wir haben unsern Herrn ernst zu nehmen. Vor vielen Jahren, als ich noch Student war, habe ich in meiner Heimat einmal in einer großen Fabrik "gejobbt", wo viele Tausende aus der Gegend arbeiteten. "Freudenberg", so hieß die Firma, und viele in der Gegend kannten sie. Ich glaube, es war einmal in einer Pause, wo mir ein Kollege erzählte: Wenn man im Odenwald, dort wo viele der Arbeiter wohnten. Wenn man dort durch den Ort gehen würde, und würde laut rufen: "Freudenberg, komm raus!" Dann würden dort die Häuser zusammenfallen. Das war natürlich ein Scherz - mit ernstem Hintergrund. Ein Scherz über das, was man so alles heimlich aus der Firma mit nach Hause genommen hatte. Was jetzt in die Häuser eingebaut war.
Scherz beiseite: wir können als Christen fest damit rechnen. Wenn wir unser Leben auf unrechte Dinge aufgebaut haben (das müssen nicht immer "gemauste" Dinge sein...). Dann können wir fest damit rechnen, daß Gott eines Tages kommt. Und - im Bild gesprochen - ruft: "Freudenberg, komm raus." Und dann fällt das Gebäude zusammen.Das schöne Lebensgebäude, das wir uns gebaut haben. "Wenn du aber nicht gehorchen wirst ... dann werden alle diese Flüche über dich kommen." Wie sagte, glaube ich, das Finanzamt zu den "Steuersündern": kommen Sie zu uns, bevor wir zu Ihnen kommen. Kommen wir zu Gott, bevor er zu uns kommt. Und bringen wir die Sache in Ordnung. Auf daß sein Segen bei uns bleibt.
Aber auch das andere kann man nicht genug betonen: Keiner kommt auf lange Sicht zu kurz, keiner fährt schlecht damit, wenn er im Gehorsam lebt. Auch damit hat König David viele Erfahrungen gemacht. Sein größter Gegner, Saul, hatte ja immer wieder versucht, David umzubringen. Wie oft hätte David Gelegenheit gehabt, Saul "aus dem Weg zu schaffen". Vielleicht hätte man sogar Verständnis dafür gehabt. Schließlich mußte David in ständiger Todesangst vor einem übermächtigen Gegner leben. David griff nicht zu unrechtmäßiger Selbsthilfe. Er tastete das Leben von Saul nicht an. Und David konnte erleben: Wie Gott diesen - schweren! - Weg des Gehorsams schließlich segnete. Wie er nicht nur Davids Leben beschützte. Sondern wie er David schließlich sogar auf den Königsthron brachte.
Wir dürfen das voll und ganz auf uns übertragen: der Gehorsam gegen unseren Herrn. Ist manchmal sehr schwer - und wir merken dann, was es heißt: Wir sollen unser Kreuz auf uns nehmen. Aber es ist wirklich der beste Weg. Wie unser Leben auf lange Sicht gelingen kann. "Weil du der Stimme des Herrn, deines Gottes, gehorsam gewesen bist, werden über dich kommen .... alle diese Segnungen." Gott segnet ein gehorsames Leben: nicht weil er das müßte. Nicht, weil er damit unsere Forderungen erfüllt. Sondern weil er gnädig und barmherzig ist. Weil er uns Mut machen will: der Weg des Gehorsams ist der beste Weg. 5. Mose 29:8 "So haltet nun die Worte dieses Bundes und tut danach, auf daß ihr glücklich ausrichten könnt all euer Tun."
Auf diesem Weg des Gehorsams ist auf lange Sicht tatsächlich das, was viele Menschen heutzutage suchen: echtes Lebensglück und Erfüllung. Nein, unser Heil, unsere ewige Rettung können wir damit nicht verdienen, das wissen wir. Das hat Jesus uns am Kreuz verdient. Denken wir an David: er blieb auch dann "im Heil", als er ungehorsam war. Weil Gott ihn festhielt. Anders als mit dem Heil ist es aber mit dem Segen: Gott möchte die Gehorsamen segnen. Wenn wir das Heil aus den Händen Jesu empfangen - ganz ohne unser Verdienst. Dann laßt uns auch ihm gehorchen - das ist der beste Weg zu einem glücklichen, gesegneten Leben. Weil Gott eben auch sehr viel mit dem "Diesseits", mit unserem Alltag, zu tun hat. "Weil du der Stimme des Herrn, deines Gottes, gehorsam gewesen bist, werden über dich kommen .... alle diese Segnungen." Laßt uns in seinem Segen bleiben. Amen.