Predigt über Hebräer 12,1-3 zur Einsegnung 2003
12:1 Darum auch wir: Weil wir eine solche Wolke von Zeugen um uns haben,
laßt uns ablegen alles, was uns beschwert, und die Sünde, die
uns ständig umstrickt, und laßt uns laufen mit Geduld in dem Kampf,
der uns bestimmt ist, 2 und aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und
Vollender des Glaubens, der, obwohl er hätte Freude haben können,
das Kreuz erduldete und die Schande gering achtete und sich gesetzt hat zur
Rechten des Thrones Gottes. 3 Gedenkt an den, der soviel Widerspruch gegen
sich von den Sündern erduldet hat, damit ihr nicht matt werdet und den
Mut nicht sinken laßt.
Liebe Geschwister, liebe Einzusegnende,
Glauben, das ist wie ein anstrengender Wettlauf. Glauben, das ist wie ein
schwieriger Kampf. Glauben, das aber vor allem: Auf Jesus sehen, der mit
uns unseren Glauben anfängt. Und ihn zu einem guten Ende bringt.
1. Glauben ist wie ein Wettlauf
Laßt uns laufen in dem Wett-Kampf (so ist es gemeint, der "Kampf"),
der uns verordnet ist. Wenn hier das Leben eines Christen mit einem Lauf verglichen
wird, dann können wir zuallererst an einen Langstreckenlauf denken.
Nicht an die etwa 10 Sekunden, die ein schneller 100-Meter-Läufer benötigt.
Sondern eher an die Stunden, die ein Marathonläufer unterwegs ist. Der
sich durchkämpft. Und - manchmal nur mit letzter Kraft - am Ziel ankommt.
Man könnte es auch anderherum sagen: Glauben ist kein Spaziergang.
Liebe Einzusegnende. Wenn wir euch heute segnen. Und euch damit auch wünschen:
Daß ihr von Jesus nicht nur etwas aufgeschrieben und gelernt habt. Sondern
daß ihr mit ihm euren Weg geht. Wenn wir euch heute segnen. Dann wollen
wir euch. Und auch sonst niemandem. Eine "Mogelpackung" verkaufen. Wer als
Christ leben will, der kann dabei ganz schön "außer Puste kommen".
Christsein ist anstrengend! Oft genug ist sogar - wenigstens auf den ersten
Blick. Oft genug ist es sogar einfacher zu leben, wenn man kein Christ ist.
Man kann sich manches erlauben. Und manche Halbheiten und faule Kompromisse
eingehen. Die man als Christ nicht eingeht.
Ja - Christsein ist anstrengend. Ebenso, wie es anstrengend ist, einen Marathonlauf
durchzuhalten. Warum nimmt ein Läufer nur an so einer Strapaze teil?
Nun, gerade bei so etwas wie einem Marathonlauf. Und wir denken dabei besser
nicht an die Olympiade der großen Stars. Sondern an einen Volks-Marathon.
Wenn man da einen Läufer fragen würde: Warum warst du eigentlich
dabei? Dann würde er sagen: Weil es sich gelohnt hat. Ich war nicht
der Sieger. Ich war nicht in der Spitzengruppe. Aber ich war dabei, vom Start
bis zum Ziel. Und das hat sich gelohnt. Ich wünsche euch. Ich wünsche
uns allen. Daß etwas davon "angekommen" ist. Sei es im Einsegnungsunterricht.
Sei es sonst in der Gemeinde. Daß es so ist: Zu einem Leben mit Jesus.
Da gibt es - eigentlich - keine wirkliche Alternative. Nichts, was sich auch
nur annähernd so "lohnt".
Es ist gut, daß man dazu viele andere Christen befragen kann. Besonders
die älteren Christen fragen kann, die schon lange im Glauben stehen.
(Das ist gemeint mit der "Wolke von Zeugen"). Fragt sie, ihr Jüngeren!
Fragt sie: Warum ist das Christsein, das Glauben an Jesus eine so lohnende
Sache? Warum gibt es dazu keine Alternative? Ich bin sicher. So manche der
älteren Geschwister könnte dazu eine Menge erzählen. Deshalb
ist es auch so wichtig. Daß ältere und jüngere in der Gemeinde
miteinander ins Gespräch kommen. Damit die älteren den jüngeren
erzählen können: Wie sie in ihrem Glauben schon oft "aus der Puste
gekommen" sind. Und warum sie das Leben mit Jesus. Warum sie diese anstrengende
Sache. Trotzdem um keinen Preis in der Welt eintauschen wollten. Gegen ein
Leben ohne Jesus.
2. Glauben ist wie ein Kampf
Daß Glauben ein Kampf ist. Und jetzt meine ich keine Wett-Kampf. Sondern
einen Kampf, bei dem man angegriffen wird. Und in Gefahr gerät. Das
sehen wir schon an dem, an den wir glauben. Das sehen wir schon an Jesus.
"Gedenkt an den, der soviel Widerspruch gegen sich von den Sündern erduldet
hat..." Wenn wir an Jesus glauben, dann müssen wir mit Widerstand rechnen.
Das ging unserem Herrn doch genauso. Wo sie erst jubelten: Hosianna! Gelobt
sei er! Und kurz danach schrien sie alle: Kreuzigt ihn!
Wenn wir Christen sind. Dann sollen wir nicht mit dem Applaus der Leute rechnen.
Nein, kein Applaus- stattdessen werden sie unseren Glauben oft genug achselzuckend
abtun. Als unser besonderes "Hobby" betrachten. Uns vielleicht zureden: Nimm
das doch nicht alles so genau, laß dir doch nicht den Spaß am
Leben verderben! Und manche: die werden uns auch offen widerstehen. Vor allem
dann, wenn wir nicht "stromlinienförmige" Christen sind. Die sich alles
und jedem anpassen müssen. Ja, wenn das so ist. Dann werden uns so manche
auch lächerlich machen. Werden uns Nachteile verschaffen. Ja - wir können
sogar in ernste Schwierigkeiten und Kämpfe kommen. Weil wir scharfen
Gegenwind. Oder sogar Bösartigkeiten zu erleiden haben. Manchmal von
Mitschülern. Manchmal von Kollegen. Manchmal sogar von der eigenen Familie.
Und das nur, weil wir klar und geradeaus Jesus nachfolgen. Wir sollen solche
Kämpfe und Schwierigkeiten nicht suchen. Aber wir sollen damit rechnen.
Aber auch hier will ich wieder ausdrücklich ermuntern: Fragen wir die
älteren Christen: Wo habt ihr das schon einmal erlebt, daß ihr
Schwierigkeiten hattet? Weil ihr Christen wart? Schwierigkeiten, als ihr
noch in der Schule wart? Schwierigkeiten im Beruf? Oder sogar: Schwierigkeiten
mit euren eigenen Leuten? "Gedenkt an den, der soviel Widerspruch gegen sich
von den Sündern erduldet hat..." Fragt sie, diese "Wolke von Zeugen"!
Fragt sie, wie sie mit solchen Schwierigkeiten und Kämpfen umgegangen
sind! So können wir uns nämlich gegenseitig Mut machen.
3. Glauben ist: Aufschauen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender meines
Glaubens
Nein, es geht ja nicht darum, hier nur eine Schwierigkeit auf die andere aufzutürmen.
Diese Predigt. Dieser Predigttext. Die sind ja nicht dazu gedacht, uns das
Glauben als möglichst schwierig vor Augen zu malen. Den Glauben als
etwas darzustellen. Das nur die wirklich "leistungsfähigen" Menschen
zustandebringen. Die sich auch sonst "durch nichts unterkriegen lassen".
Nein. Deshalb ist dieses letzte eigentlich das Wichtigste: "Laßt uns
aufsehen zu Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens." Daß
der Glaube wie ein anstrengender Wettlauf ist. Daß er mir manchmal Kämpfe
und Schwierigkeiten bringt. Das geht wahrlich nicht "leicht ins Ohr". Was
aber hier von Jesus steht - das finde ich nicht weniger provozierend. Wenn
es hier heißt: letzlich ist es Jesus. Der meinen Glauben anfängt.
Und der meinen Glauben zu einem guten Ende bringt.
So mancher hat schon gedacht, daß sein Glaube durch eine Art grimmigen
Entschluß zustande kommt: Jetzt, ja jetzt - jetzt will ich glauben.
Jetzt muß es klappen. Wenn ich mich nur zusammennehme und es
ernsthaft will. So werde ich in der Tat sehr schnell müde, glaubensmüde.
Wenn ich auf diese Weise überhaupt Glauben zustande bringe - oder, in
der Sprache der Sportler "aus den Startlöchern komme." Wenn ich auf
diese Weise überhaupt bestehen kann - in all den Kämpfen, die der
Glaube so mit sich bringt. Nein, nicht ich - Jesus ist der Anfänger
und Vollender meines Glaubens!
Martin Luther, der Wiederentdecker des biblischen Glaubens. Der hat Glauben
einmal so erklärt: "Der Glaube ist eine höchst aktive Passivität."
Das ist nun auch höchst lateinisch - aber vielleicht trotzdem hilfreich,
wenn man es denn erklärt. Wenn wir uns an unseren Deutschunterricht
erinnern - da hat man ja manchmal das "Passiv" auch die "Leideform" genannt.
Passiv sein heißt ja: Ich lasse etwas mit mir tun. Ich lasse
mir etwas gefallen. Glauben heißt: Ich lasse mir von Jesus etwas gefallen.
Mir von ihm etwas tun. Von Jesus, dem Anfänger und Vollender des Glaubens.
In der Tat: Wenn ich so glaube, dann weiß ich: ich habe das nicht selbst
zustande gebracht. Dann ist Jesus der Anfänger meines Glaubens. Er setzt
mich in die "Startlöcher" auf der Rennbahn. Er schafft es, daß
ich loslaufe. Er schafft es aber auch, daß ich das Rennen durchhalte.
Er schafft es, daß all die Glaubenskämpfe mich nicht "schaffen".
Jesus, er ist auch der Vollender des Glaubens. Glaube, eine "Passivität".
Ich lasse es zu, daß er mich in dieses "Rennen" schickt - und mich
beim Laufen erhält.
Um diesen Glauben kann ich nur bitten, ich kann es nicht "machen". Ich kann
es nur "machen lassen", es zulassen. Aktiv werde ich dabei so: Ich warte
"aktiv" und beharrlich darauf, dass Jesus etwas mit mir tut. Ich schaue auf
ihn. Nicht auf mich. Sondern auf den Anfänger und Vollender des Glaubens.
Und so könnte man einen müden Christen auch mit wieder mit einem
Läufer vergleichen. Mit einem Läufer, der sich auf seinem langen
Weg Erfrischungen reichen läßt. Wir kennen das sicher aus dem
Fernsehen - diese Helfer, die am Straßenrand stehen, mit Getränken
und anderen in der Hand für Langstreckenläufer.
In der Tat, eine erstaunliche Sache ist es mit dem Glauben: Eine "höchst
aktive Passivität". Und wem das alles zu lateinisch klingt, der mag sich
nur an das Andere halten: Laßt uns aufsehen zu Jesus, dem Anfänger
und Vollender des Glaubens. So bleiben wir "im Rennen". So werden wir nicht
müde. Und so lassen wir den Mut nicht sinken. Auch dann, wenn die Kämpfe
und Schwierigkeiten kommen. Laßt uns aufsehen zu Jesus, dem Anfänger
und Vollender des Glaubens. Heute, am Tag der Einsegnung. Und danach. Amen.
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