Der Glauben in der Anfechtung, 2. Teil - Predigt über Jakobus 1,5-8

5 Wenn es aber jemandem unter euch an Weisheit mangelt, so bitte er Gott, der jedermann gern gibt und niemanden schilt; so wird sie ihm gegeben werden. 6 Er bitte aber im Glauben und zweifle nicht; denn wer zweifelt, der gleicht einer Meereswoge, die vom Winde getrieben und bewegt wird. 7 Ein solcher Mensch denke nicht, daß er etwas von dem Herrn empfangen werde. 8 Ein Zweifler ist unbeständig auf allen seinen Wegen.

Liebe Geschwister,
es ist noch nicht allzu lange her, dass im benachbarten Schönheide ein LKW-Fahrer eine denkwürdige Fahrt unternommen hatte. Er suchte die Autobahn - und fand sich schließlich feststecken in einem engen Weg. So fest, dass er seinen großen Laster nicht ohne fremde Hilfe frei bekommen konnte. "Wer den Schaden hat, der braucht für den Spott nicht zu sorgen" - das konnte man denken, als man die entsprechenden Berichte in der Zeitung las. Was aber war die Ursache für dieses Malheur - das für die Schönheider zum Schmunzeln, für den Fahrer aber sicher nicht zum Lachen war? Der gute Mann hatte sich blindlings auf eines dieser modernen elektronischen Navigationsgeräte verlassen. So sehr, dass er gar nicht merkte, dass dieses Gerät mit veralteten Karten "gefüttert" war. Ja - wer sich verfahren hat, der braucht einen guten Wegweiser. Wer den Weg nicht kennt, wer sich gar in unbekanntem, vielleicht schwierigen Gelände befindet, der sollte möglichst den Richtigen fragen und auf den Richtigen vertrauen.
Nun - in der Anfechtung. Wenn ich mich in meinem Leben und mit meinem Glauben gleichsam auf unwegsamem, schwierigen Gelände befinde. Wenn ich nicht mehr weiß, worauf das alles hinauslaufen soll. Wenn ich mich frage, wie es weitergehen soll - und wie ich das alles überhaupt aushalten kann. Dann - spätestens dann - wird es Zeit, dass ich den Richtigen frage. Damit ich nicht auch noch in die völlig verkehrte Richtung laufe, und dann erst wieder aus dem "Schlamassel" herausgezogen werden muss. Diesen Rat für alle Angefochtenen gibt auch Jakobus. Und so fährt er hier fort:

5 Wenn es aber jemandem unter euch an Weisheit mangelt, so bitte er Gott,

Wir haben ja das letzte Mal über den Glauben in der Anfechtung nachgedacht. Wir haben gesehen, dass - natürlich - keiner von sich aus die Anfechtung sucht. Aber wir haben auch gesehen, wie unser himmlischer Vater uns in seine "Glaubensschule der Geduld" hinein nimmt. Nicht, um uns zu ärgern, zu quälen oder zu bestrafen. Sondern damit unser Glaube sich bewährt, an Schwierigkeiten wächst, und so stark bleibt, dass mein Heiland mich im Glauben "durchbringen" kann, bis ich bei ihm schließlich ankomme, in der himmlischen Heimat.
Aber solche - durchaus bedenkenswerten - Zusammenhänge erschließen sich mir nicht unmittelbar. Der Mensch - auch der Christenmensch - er macht sich oft lieber seine eigenen Gedanken, er sorgt sich, er grübelt. Er tut das oft lieber, als dass er den fragt, der es eigentlich wissen müsste. Und so sagt Jakobus: Bitte deinen Vater im Himmel um Weisheit - gerade in schwierigen Zeiten. Bitte ihn, dass er dich erkennen lässt, wie du das alles einzuordnen hast, was du gerade durchmachst. Bitte ihn, dass er dir zeigt, wie du mit all dem in geistlicher Weise, vom Wort Gottes her fertig werden kannst. Und bitte ihn auch, dass du lernst zu vertrauen - so zu vertrauen, dass all das deinen Glauben letztlich nur noch stärken kann.
Nein - diese Art von Weisheit hat nichts mit Ausbildung, mit natürlicher Klugheit, mit "Schulweisheit" zu tun. Du kannst sie nicht in Kursen und nicht auf Schulbänken erlernen. Keine weltliche, und auch keine kirchliche Fortbildung kann sie dir garantieren. Sie ist nicht zuerst eine Lernweisheit - sie ist gewissermaßen eine "Beziehungsweisheit". Sie ist eine Art von Weisheit, die es nur in der Beziehung zu Gott gibt. "Die Furcht des Herrn ist der Anfang der Erkenntnis." (Sprüche 1:7) So schreibt Salomo, ein wahrhaft weiser Mann, am Anfang seiner Sprüche. Und deshalb steht am Anfang dieser Weisheit das Gebet: Herr, ich weiß den Weg nicht. Aber du kennst ihn. Schenke mir Weisheit. So trittst du in Beziehung zu dem, der dir allein echte Weisheit geben kann. Und damit wir hier wirklich voller Zuversicht beten, darum fährt Jakobus fort:

der jedermann gern gibt und niemanden schilt; so wird sie ihm gegeben werden. 6 Er bitte aber im Glauben und zweifle nicht;

Wer kleinere Kinder hat, der weiß, dass diese oft sehr neugierig sein können. Immerzu wollen sie etwas wissen: Mutter, Vater - warum wächst das Gras? Warum ist der Himmel so blau? Warum haben Hasen so lange Ohren? Wie kann ein Auto fahren? Usw. usw. Manchmal sind es auch sehr tiefsinnige Fragen: Wo wohnt Gott? Wo kommen wir hin, wenn wir einmal sterben müssen? Ist dort jetzt auch die Urgroßmutter? Kinder haben viele Fragen - manchmal fast zu viele, so könnte man denken. Und spätestens wenn das Kind die gleiche Frage zum zwanzigsten Mal stellt - wer von uns Erwachsenen hat da noch die gleiche Geduld wie beim ersten Mal? Und reagiert nicht deutlich "genervt"?
In der Tat ist das - wieder einmal - einer der großen Unterschiede zwischen uns und Gott. Gott reagiert nicht "genervt". Ständig, millionenfach, wird er von seinen Kindern überall auf der Welt gefragt, ja geradezu mit Fragen "gelöchert". Manchmal sind es echte, tiefe, neue Fragen. Allzu oft aber sind es Dinge, die wir Christen eigentlich schon längst wissen müssten - wir haben die Antworten nur vergessen, haben uns zu wenig damit beschäftigt. So oder so - jedenfalls reagiert Gott nicht so wie wir Menschen. Sondern er hat allezeit ein offenes Ohr - "der jedermann gern gibt und niemanden schilt".
So kann schon König David - lange Zeit vor Christi Geburt - voller Zuversicht bitten (Psalm 25): "4 HERR, zeige mir deine Wege und lehre mich deine Steige! 5 Leite mich in deiner Wahrheit und lehre mich! Denn du bist der Gott, der mir hilft; täglich harre ich auf dich." Wie sagt Jesus seinen Jüngern in der Bergpredigt zum Gebet (Matthäus 7): "7 Bittet, so wird euch gegeben; suchet, so werdet ihr finden; klopfet an, so wird euch aufgetan. ... 11 Wenn nun ihr, die ihr doch böse seid, dennoch euren Kindern gute Gaben geben könnt, wieviel mehr wird euer Vater im Himmel Gutes geben denen, die ihn bitten!" Ja, die Bibel ist voller Ermutigung dazu, dass wir Gott um Wegweisung und Weisheit bitten.
Nun sind hier manche Menschen sehr misstrauisch, dass sie an dieser Stelle Gutes und Hilfreiches von Gott zu erwarten hätten. Wir werden das gleich noch näher betrachten, wenn wir über die Frage des Zweifels sprechen. In der Tat nützen solche Gebete nur, wenn ich meinem Herrn und seinem Wort vertraue. "Dein Wort ist meines Fußes Leuchte und ein Licht auf meinem Wege." (Psalm 119:105) Wer so zuversichtlich über Gottes Wort denkt wie in diesem bekannten Psalmwort. Der wird wirklich weiterkommen. In der Anfechtung gibt es nichts Besseres, als auf das Wort Gottes zu vertrauen! In der Anfechtung finde ich nirgendwo größere Weisheit als in der Bibel. Ja, so freigiebig ist unser Herr, dass er uns nicht nur einige wenige Weisheiten gibt. Sondern er schenkt uns ein ganzes, dickes Buch voller Weisheit - das Alte und das Neue Testament. Deshalb kann Martin Luther, ein erfahrener Seelsorger für  angefochtene Christen, seinen bekannten Satz sagen: "Die Anfechtung lehrt auf's Wort merken."
Ja - wenn alles drunter und drüber geht, dann lasst uns nicht schwankend und unsicher ins Gebet gehen. Sondern dann wollen wir uns voller Vertrauen auf Gottes Wort stellen, und glauben, dass hier unser Herr die nötige Weisheit für uns bereit hat. Er wird uns freigiebig und voller Liebe Verständnis geben - so dass wir selbst in der größten Anfechtung wieder den rechten "Durchblick" haben. Auch hier möchte ich wieder an das Gleiche erinnern wie beim letzten Mal: Lassen wir dabei gerade unsere älteren Geschwister zu Wort kommen. Sie haben oft sehr tiefe Erfahrungen, wie Gott ihnen im rechten Augenblick die nötige Weisheit gegeben hat.
Doch leider - wie gesagt - hat nicht jeder diese Zuversicht. Deshalb macht uns Jakobus nicht nur Mut, bei Gott nach dem richtigen Weg zu fragen und ihm zu vertrauen. Sondern er warnt anderseits auch vor dem Zweifel und seinen Folgen. So fährt er fort:

denn wer zweifelt, der gleicht einer Meereswoge, die vom Winde getrieben und bewegt wird. 7 Ein solcher Mensch denke nicht, daß er etwas von dem Herrn empfangen werde. 8 Ein Zweifler ist unbeständig auf allen seinen Wegen.

Hier mag nun mancher - auch mancher Christ - zunächst zurückschrecken. Was soll das jetzt? Erst machst du uns Mut. Aber dann? Würdest du von dir behaupten, du habest noch nie gezweifelt? Kann nur ein völlig "zweifelsfreier" Mensch erwarten, dass Gott seine Gebete erhört und ihm die nötige Weisheit schenkt, gerade in Zeiten der Anfechtung? In der Tat ist in der Bibel Zweifel nicht  gleich Zweifel, sondern es kann sehr Verschiedenes bedeuten. Ich möchte deshalb als Hilfe einmal drei verschiedene Arten von Zweifel unterscheiden. Und dabei möchte ich zuerst die Arten des Zweifels erwähnen, die Jakobus hier nicht meint:
Da kann zum ersten der Zweifel selbst die Anfechtung sein, die mich als gläubigen Menschen gerade plagt. (Psalm 13): "2 HERR, wie lange willst du mich so ganz vergessen? Wie lange verbirgst du dein Antlitz vor mir? 3 Wie lange soll ich sorgen in meiner Seele und mich ängsten in meinem Herzen täglich?" So betet David im 13. Psalm. Die Bibel ist voll von Gebeten gläubiger Menschen, die durch schwere Zeiten gehen. Und die auf einmal nicht mehr recht glauben können, dass Gott wirklich auf ihrer Seite steht. Die nichts mehr von Gottes Liebe spüren, und die sich voller Zweifel sagen: Gottes Wort ist voller wunderbarer Verheißungen, und sie mögen für viele Menschen gelten. Aber für mich - da kann ich sie nicht mehr in Anspruch nehmen. Für mich - da ist Gott nicht in dieser Weise da. Fern von seiner Heimat, in der babylonischen Gefangenschaft. Da betet das Volk Israel (Jesaja 49,14): "Der HERR hat mich verlassen, der HERR hat meiner vergessen." Aber was lässt Gott ihnen ausrichten durch Jesaja (49,15): "Kann auch ein Weib ihres Kindleins vergessen, daß sie sich nicht erbarme über den Sohn ihres Leibes? Und ob sie seiner vergäße, so will ich doch deiner nicht vergessen."
Ja, in der Anfechtung - da wird der größte "Glaubensheld" auf einmal kleinlaut und verzagt. Vielleicht sollte man sich bewusst machen, dass in der deutschen Sprache die Wörter "Zweifel" und "verzweifelt" miteinander verwandt sind. Ja, im Zweifel der Anfechtung - da kann auch ein erfahrener Christ in tiefste Verzweiflung stürzen. Große Gestalten aus der Geschichte der christlichen Kirche wissen darüber zu berichten. Liebe Schwester, lieber Bruder, bist du gerade angefochten durch solche Zweifel? Dann lass' dir Mut machen, und bleibe beim Gebet und beim Wort Gottes. Der Herr wird dir aus diesem "Loch" wieder heraus helfen, ganz gewiss.
Auch die zweite Art des Zweifels ist hier nicht bei Jakobus im Blick. Diese Art des Zweifels ist nämlich etwas höchst Positives, ein Zweifel den keiner - auch kein Christ - während seines Lebens je verlieren sollte. Ich meine jenen heilsamen Zweifel an mir selbst, an meinen Fähigkeiten, den Zweifel an meinen angeblich "guten Werken", auf die ich vor Gott pochen und auf die ich stolz sein kann.
Hier sind wir wieder bei dem Wort Luthers vom letzten Mal: "Die schlimmste Anfechtung ist keine Anfechtung." Wenn es mir allzu gut geht, dann werden sich meine Selbstgerechtigkeit und mein Stolz immer weiter aufblasen - und meinen Glauben, mein Vertrauen auf meinen himmlischen Vater immer weiter zur Seite drängen. Auch der Zweifel an meinen selbst gemachten Bildern und Vorstellungen über Gott, die immer wieder in meinem Herzen entstehen - auch die gehören hierher. Wehe dem, der denkt, er wüsste schon alles über Gott, er könnte nichts mehr dazulernen, und er habe die Weisheit des Wortes Gottes bereits "mit Löffeln gefressen"! Hier kann es ein böses Erwachen geben.
Deshalb: Wohl dem, der immer wieder diesen heilsamen Zweifel verspürt, und der statt auf sich selbst immer mehr auf seinen Herrn und Heiland vertraut! Wie sagte schon Johannes der Täufer über Jesus: "Er muß wachsen, ich aber muß abnehmen." (Johannes 3:30) Nein - lasst uns unseren Herrn immer wieder um Weisheit bitten. Um die Weisheit, die mir mehr und mehr meine Illusionen über mich selbst nimmt, und die auf ihn schauen lehrt.

Etwas ganz anderes dagegen ist die dritte Art des Zweifels. Diese ist es, die Jakobus hier meint.  "Ich denke, also bin ich" - diesen denkwürdigen Satz äußerte vor über 400 Jahren der französische Philosoph Rene Descartes. Viele Schüler haben seitdem im Geschichtsunterricht gelernt, dass dieser Satz zu einer Art Leitsatz des so genannten Zeitalters der Aufklärung wurde - jener Zeit in Europa, die uns die allgegenwärtige Herrschaft der menschlichen Vernunft bescheren sollte. Denken wir etwa an die Zeit der Französischen Revolution, gerade auch an das schreckliche Gemetzel damals - dann sehen wir eine der Folgen...
Allerdings wird dieser Satz - "Ich denke, also bin ich" - oft nicht richtig verstanden. Eigentlich wollte Descartes nämlich damit sagen: Ich zweifle, also bin ich. Er meinte damit: Ein wirklich vernünftiger Mensch kommt irgendwann von selbst darauf, alles und jedes anzuzweifeln. "Nichts Genaues weiß man nicht." Das einzige, was er nicht anzweifeln kann, ist die Tatsache: Ich stehe hier, und ich kann zweifeln. Eine höchst intelligente Schlussfolgerung, so möchte man meinen - zweifellos...
Alles und jedes kritisch hinterfragen, nur das glauben, was meinem Verstand einleuchtet, alles andere ist zweifelhaft - das wurde zum Glaubensbekenntnis des modernen Menschen, bis heute. Nun - wenn man zur Zeit manche öffentlichen Diskussionen betrachtet, möchte man tatsächlich denken: etwas gesunder Zweifel ist sicher nicht verkehrt. Etwa, wenn man an den allzu vollmundigen Versprechungen mancher Politiker zweifelt. Oder wenn in der Diskussion um den rechten Schulunterricht eine wissenschaftliche Theorie vorgetragen wird, als sei sie der Weisheit letzter Schluss. Bei allen menschlichen Theorien - hier ging es um die Evolutionstheorie zur Entstehung des Lebens - bei allen menschlichen Theorien ist immer ein gesundes Maß an Zweifel angebracht.
Höchst problematisch wird die Sache allerdings dort, wo sich dieser grundsätzliche Zweifel über Gott und sein Wort hermacht. Wenn man an seinen Zusagen zweifelt - gerade in der Anfechtung, wenn man wirklich jede einzelne Verheißung brauchen kann. Dann geht es schief. Schon im Paradies schickte der Teufel eine Schlange zu den Menschen, die genau diesen Zweifel säen sollte: "Sollte Gott gesagt haben?" (1. Mose 3:1), so fragte sie. Und Eva ließ sich von diesem Zweifel anstecken, und mit ihr ihr Mann. Die Folgen kennen wir alle. Ja, wo ich Gottes Wort anzweifle. Da zweifle ich genau die Weisheit an, die er mir voller Freigiebigkeit geben will. Gerade nachdenkliche, insbesondere gebildete Menschen erliegen dieser Art des Zweifels - aber es gibt diesen Zweifel trotzdem bei reichen wie bei armen, bei klugen wie bei einfältigen Leuten. Höchst problematisch ist dieser Zweifel - denn er ist der größte Feind des Glaubens. Ja - eigentlich ist er sogar das Gegenteil des Glaubens.
Jakobus denkt darüber nun nicht theoretisch darüber nach, sondern er überlegt: Welche Folgen hat dieser grundsätzliche Zweifel im Leben eines Menschen? Und: vor allem im Leben eines Menschen, der durch schwere Zeiten, durch Anfechtungen geht? Und er sagt: Zuerst ist ein solcher Mensch durch eine andauernde, innere Zerrissenheit geplagt. Wie eine Woge im weiten, windgepeitschten Meer. So wird auch er hin und her getrieben, hat keinen keinen Halt und keinen Boden unter den Füßen. Viele Menschen leben heutzutage so. Sie suchen für ihr Leben bald hier, bald dort nach Halt und Orientierung. Aber sie finden beides nicht, und sie bleiben - selbst bei bester Gesundheit und großen Erfolgen - manchmal von einer seltsamen inneren Unruhe bestimmt. "Aber die Gottlosen sind wie das ungestüme Meer, das nicht still sein kann und dessen Wellen Schlamm und Unrat auswerfen. Die Gottlosen haben keinen Frieden, spricht mein Gott." (Jesaja 57:20-21) So sagte schon der Prophet Jesaja.
Ein Zweifler ist unbeständig auf all seinen Wegen - so heißt es hier bei Jakobus. Und wörtlich übersetzt müsste man sagen: Ein Zweifler ist ein Mensch mit zwei Seelen. "Zwei Seelen, wohnen ach! in meiner Brust", so sagt auch Dr. Faust in der wohl berühmtesten deutschen Dichtung. Und wir wissen, wie es ihm ergeht, der schließlich seine Seele dem Teufel verschrieben hatte. Goethe war sicherlich kein Christ - aber im "Faust" zeigt er, wie er die innere Zerrissenheit des ungläubigen Menschen durchaus verstanden hat. Wie heißt folgerichtig ein anderer Satz aus dem Faust: "Die Botschaft hör' ich wohl, allein mir fehlt der Glaube!" Ja, der Mensch, der immerzu zweifelt an Gott und an seinem Wort. Er ist wirklich wie ein Mensch mit zwei Seelen. Wenn es ihm gut geht, dann kann er in maßloser Selbstüberschätzung sagen: Gott ist etwas für die Schwachen, für die Alten und für die Kranken. Und wenn er in der Krise steckt, dann weiß er nicht, wo er wirklichen Rat finden soll - denn eines kann er nicht: sich ohne Zweifel einfach getrost auf das Wort Gottes verlassen.
Kann einem solchen Menschen gar nicht geholfen werden? Muß er mit seinem Zweifel leben, und schließlich voller Zweifel sterben? "Mehr Licht!", so waren die letzten Worte Goethes. Ein letzter, verzweifelter Schrei nach "Durchblick", nach "Erleuchtung"? Kein Mensch muss so leben, und keiner so sterben. Allerdings ist es hier nicht mit billigen Seelen-Trostpflastern getan. Hier hilft nur eine Lebenswende um 180 Grad, eine echte Bekehrung. Da muss der Heilige Geist kommen, und diesen Menschen seiner Schuld überführen "über die Sünde, daß sie nicht an mich - an Christus - glauben", wie Jesus sagt (Johannes 16:9).
Ja, dieser tiefe, dieser grundsätzliche Zweifel - der ist Unglauben, der ist   Sünde, die einen Menschen von Gott trennt. Aber auch ein Zweifler wird von Gott angenommen, wenn er seine Sünde vor Gott bekennt. Auch für ihn gibt es Hoffnung - so, wie für jeden anderen Menschen, der Gott um Vergebung bittet. Und vielleicht ist es gerade die Not, die Anfechtung, wenn der Mensch mit seinem eigenen Latein am Ende ist, was ihn dann schließlich doch zu Gott bringt, und ihn beten lässt: Herr, vergib mir meinen Zweifel und schenke mir Glauben an dich. Hören wir diese Botschaft recht. Und wenn wir selbst gläubig sind, dann lasst uns diese Botschaft auch an unsere zweifelnden Zeitgenossen weitergeben.

So möchte ich auch nicht mit dem Zweifel, sondern ich möchte ich voller Zuversicht schließen. Bist du in Not, bist du in Anfechtung? Weißt du nicht mehr weiter? Dann sieh' zu, dass du dir nicht falsch raten lässt. Sondern frage den Richtigen um Rat. Bitte den Herrn um Weisheit, suche die Weisheit in seinem Wort. Frage ihn immer wieder - er wird dir geduldig antworten. Habe keine Angst vor berechtigten Zweifeln an dir selbst und an menschlichen Ideen, Worten und Gedanken. Aber zweifle nie an Gottes Güte. Zweifle nie an Gottes Wort. Dann wirst du auch in der größten Anfechtung wieder Halt finden. Dann bist du nicht so, wie eine windgetriebene Meereswoge. Sondern eher so wie das kleine Bäumchen, das auch im größten Sturm nicht ausgerissen wird - weil es tiefe Wurzeln hat. "Wenn es aber jemandem unter euch an Weisheit mangelt, so bitte er Gott." Amen.

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